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by brigid

Juni 15, 2025

spaziergänge mit dem hund

wie lang soll der tägliche spaziergang mit dem hund sein?
soll es ein spaziergang sein oder mehrere?
wieviel bewegung braucht der hund wirklich?

die fragen beschäftigen viele hundemenschen (vor allem anfangs mit einem neuen hund).
aus lauter bemühen, dem hund auch wirklich gerecht zu werden, geht dabei leider einiges schief.

daher wollen wir uns die sache heute mal genauer anschauen.
das wichtigste vorweg: spaziergang ist nicht spaziergang!

mit einer simplen zahl – 1 stunde, 75 minuten, 3 stunden, 30 minuten…. – lässt sich nicht beantworen,
wie lange man mit dem hund jeden tag spazieren gehen sollte.

das hängt nämlich von drei zentralen faktoren ab:

1. freilauf oder leine?

den größten unterschied für die qualität des spaziergangs macht es wohl,
ob der hund an der leine ist oder frei laufen kann.

der freilauf bietet ihm viel mehr möglichkeiten zum schnüffeln und erkunden,
er kann sein eigenes tempo gehen und muss sich nicht darauf konzentrieren,
die leine locker zu halten (oder gar beim leineziehen verspannen).

freilauf geht natürlich nur, wenn der hund trotzdem aufmerksamkeit für den menschen erübrigen kann
und sich jederzeit problemlos heranholen lässt, auch wenn aufregende begegnungen oder spannende gerüche ihn verlocken würden.

(wer tipps für einen problemlosen freilauf und wie man den aufbaut haben möchte, ist herzlich eingeladen zum neuen webinar „sicher & entspannt ohne leine“.

an der leine ist der spaziergang für den hund deutlich anstrengender,
je kürzer die leine ist, desto anstrengender wird es,
weil sich der hund der bewegung des in der regel deutlich langsameren menschen anpassen muss
und sich nicht frei bewegen kann.

natürlich gibt es gute gründe, warum ein hund an der leine bleiben muss.
im siedlungsgebiet und neben straßen sowieso,
aber auch bei jagdlustigen oder ängstlichen hunden geht es zumindest phasenweise nicht ohne.

man muss dann nur bedenken, dass der spaziergang für den hund weniger entspannung bietet
und er daher nicht zu lange darf.

die faustregel:
je länger der hund an der leine bleiben muss und je kürzer die leine ist, desto kürzer sollte der spaziergang ausfallen.
sonst baut man beim spazierengehen womöglich mehr stress auf als ab.

das soll bitte nicht als plädoyer für möglichst kurze spaziergänge verstanden werden, sondern als appell für möglichst lange leinen ;-).

2. reizdichte und reiztoleranz

wie entspannend oder aber belastend ein spaziergang ist, hängt primär von einem ab:
auf was der hund unterwegs alles trifft
und was davon er aufregend (im positiven wie negativen sinn) findet.

ein kurzer spaziergang mit vielen hundebegegnungen kann für einen unverträglichen hund zum erschöpfenden spießrutenlauf werden,
genauso wie ein „gemütliches“ stück durch den wald voller wildspuren für den jagdfiebrigen hund.
längere spaziergänge würden in diesem fall vor allem eines bedeuten:
mehr belastung für den hund.

wir dürfen außerdem nicht vergessen, dass aufregung nicht nur von den klassischen „feindbildern“ ausgelöst wird,
egal ob das nun andere hunde, mountain-biker oder wildtiere sind,
sondern von allen sinneseindrücken und reizen, denen der hund ausgesetzt ist.
gerüche inklusive (auf die vergessen wir gerne!).

eine halbe stunde in der gewohnten umgebung ohne nennenswerte begegnungen
ist also etwas ganz anderes als eine halbe stunde in neuem gelände mit gleich mehreren aufregenden begegnungen.

dabei kommt es natürlich auch darauf an, wie gut der hund mit aufregung umgehen,
wie hoch also seine toleranz gegenüber den reizen ist, denen er ausgesetzt ist.
ein gelassener, routinierter hund, der mit neuem bislang hauptsächlich gute erfahrungen gemacht hat,
steckt das lockerer weg als ein unsicherer, sowieso schon gestresster hund.

der spaziergang sollte daher vor allem danach geplant werden,
was der hund dabei alles an reizen zu verarbeiten hat und wieviel davon er noch halbwegs entspannt schafft.

eine nette kleine wanderung am wochenende ist für den einen hund spannend, aufregend, aber verkraftbar.
für den anderen hund wäre sie eine schwerwiegende belastung, von der er sich erst tagelang (wenn nicht länger) erholen muss.

die faustregel:
je mehr los ist auf dem spazierweg, je aufgeregter der hund ohnehin ist, desto kürzer sollte der spaziergang ausfallen
(und durch geistige auslastung ein ausgleich geschaffen werden).

3. bewegungsdrang und körperliche verfassung

zuletzt spielt auch die frage des alters, der körperlichen verfassung und damit einhergehend des bewegungsdranges eine rolle.
ganz allgemein wird der bewegungsbedarf von hunden eher überschätzt.
hunde müsse nicht jeden tag stundenlang rennen, im gegenteil.

der spaziergang dient zwar der bewegung, vor allem aber zum ausleben des erkundungsverhaltens des hundes.
das gilt es vorrangig zu befriedigen (was übrigens strammes rennen am rad ausschließt).

natürlich macht es einen unterschied, ob ich einen welpen oder gebrechlichen hundesenior spazierenführe
oder einen gesunden vor energie strotzenden zwei- oder dreijährigen hund.
es ist nicht dasselbe, ob ich einen hochbeinigen windhund oder eine kurnasige, nach atemluft ringende französische bulldogge spazieren führe.

bei welpen muss man mit kurzen strecken anfangen,
bei senioren zeitgerecht reduzieren, bevor der gewohnte spaziergang ihnen endgültig zu viel wird,
und bei allem dazwischen die tagesverfassung berücksichtigen.

die faustregel:
wenn der hund nach dem spaziergang nur kurz müde und dann überdreht oder gleich überdreht ist, war es zu viel
(vor allem an eindrücken).

im zweifelsfall einfach ausprobieren, wie der hund darauf reagiert,
wenn man mal eine woche den spaziergang um ein drittel kürzt oder – wenn man den verdacht hat, die runde war zu kurz – um ein drittel verlängert.

fazit

ob man ein mal oder mehrmals am tag mit dem hund unterwegs ist,
und ob die gesamtdauer des täglichen spazierens 45 minuten oder 90 minuten oder anderes betragen soll,
lässt sich nur anhand der oben geschilderten faktoren festlegen
und hängt nicht zuletzt davon ab, was der hund sonst noch an „programm“ hat.

was hunde jedenfalls nicht brauchen:
– jeden tag 3 stunden oder gar mehr unterwegs sein
– unbedingt schnelles rennen
– kilometerlang neben dem fahrrad herlaufen

dem hund wir man mit einem vernünftigen spazierung und dann zusätzlich geistiger auslastung viel besser gerecht als mit viel bewegung.

 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.