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by brigid

März 2, 2025

aufgeregter hund

es ist ganz normal, dass sich der hund gelegentlich aufregt.
schließlich gibt es genug dinge im leben des hundes, auf die der organismus mit einem anstieg des erregungspegels reagiert.

alles neue, jeder trubel, jede begeisterung und jedes erschrecken zählen zu den dingen,
die unweigerlich zu mehr aufregung führen.

im normalfall verkraftet der hund die extra-aufregung, solange sie nicht zu viel oder zu häufig vorkommt.
viele hunde haben die fähigkeit dazu aber noch nicht oder nicht mehr, ihnen fehlt es an der „stress-resilienz“,
also an der fähigkeit, mit stress einigermaßen umgehen zu können.

das liegt daran, dass sie einen chronisch erhöhten erregungspegel haben,
dass sie vielleicht aus abgeschotteter aufzucht kommen und nie richtig gelernt haben, stress wegzustecken,
oder dass sie in einer phase ihres lebens mit stress so geflutet wurden, dass sie sich davon noch nicht wieder erholt haben.

schlimmer wird die aufregung aber immer dann, wenn der mensch auch noch falsch darauf reagiert.
das vertrackte daran: die falsche reaktion entspricht der natur des menschen, sie ist unsere automatische antwort auf den gestressten hund.

daher wollen wir uns heute die wichtigsten drei fehler anschauen,
die man keinesfalls begehen sollte, wenn beim hund die aufregung grade steigt.

natürlich macht das alleine noch nicht wieder aus dem aufgeregten einen gelassenen hund.
(wie wir das erreichen, schauen wir uns demnächst im neuen webinar „was tun mit dem hibbel-hund?“ an)

doch erst mal zu den drei sofort-maßnahmen, mit denen du fatale fehler vermeiden kannst.

1. den hund triggern

wenn der aufregungspegel beim hund steigt, verliert auch der mensch häufig die nerven.
man spannt sich an – weil man ja damit rechnet, dass der hund womöglich losbellt, zerrt, springt oder sonst wie eskaliert.
erst recht, wenn es publikum dafür gibt oder andere menschen/tiere betroffen sind.

sich selber aufzuregen, ist eine zutiefst menschliche reaktion auf den überdrehten hund.
schließlich wirkt aufregung ansteckend.

genau das aber ist das fatale.
denn wir spannen uns nicht erst dann an, wenn der hund die fassung verliert,
sondern schon deutlich vorher.

wir spüren unbewusst ja, wie die anspannung im hund steigt.
wir wissen aus erfahrung, in welchenen situationen seine aufregung hochschnellt oder er sogar schwierig zu händeln ist.
geraten wir in so eine situation, spannen wir uns schon vorsorglich an.

genau das aber triggert beim hund oft erst die „explosion“.
da taucht sein üblicher auslöser auf (anderer hund, radfahrer, kind, jogger, eichhörnchen,….),
er reagiert darauf noch gar nicht wirklich, außer dass er ihn wahrgenommen hat.

doch dann kriegt er mit:
moment, mein mensch hält die luft an,
mein mensch krampft sich ein,
mein mensch gibt alle körpersprachlichen signale für gefahr ab –
also knallt der hund durch.

ob der hund bei auftauchen von was aufregendem noch halbwegs gelassen bleibt oder aber überdreht,
hängt nicht zuletzt davon ab, wie gelassen oder aufgeregt sein mensch darauf reagiert.

daher gilt: 
wenn so eine situation eintritt, unbedingt als erstes tief ausatmen, schultern entspannen und was freundliches denken.
und dann in aller ruhe mit dem hund auf abstand gehen.
das macht für den aufgeregten hund einen riesenunterschied!

 

2. aufregung bestätigen

aus jeder situation mit aufregung nimtt der hund auch einen lerneffekt mit.
das lässt sich nicht vermeiden, weil hunde ja immer lernen.

das kann einerseits bedeuten, dass er anfängt, bestimmte situationen immer mit großer aufregung zu verknüpfen.
wenn er bei besuchern total hochfährt vor lauter freude,
dann wird es nicht lange dauern, bis er sich schon beim ertönen der türklingel aufregt,
weil die immer verlässlich ankündigt, dass nun gleich was aufregendes passiert.

das ist der eine (unwillkürliche) lerneffekt.
es gibt dann aber noch den anderen:
nämlich die frage, ob der mensch das aufgeregte verhalten noch zusätzlich belohnt.

dadurch nämlich, dass man den hund abzulenken versucht,
dass man gut auf ihn einredet oder auch weniger freundlich wird und schimpft.
ob man ihm ein spielzeug hinhält oder ihn schimpft, macht gar keinen so großen unterschied für den hund.
es ist alles eine form von zuwendung und aufmerksamkeit für den hund und die belohnt sein verhalten.

besonders negativ wirkt sich das dort aus, wo der hund für ruhiges verhalten in der selben situation leer ausgeht.
sagen wir, er findet begegnugnen an der leine schwierig.
dann ist man unterwegs, es kommt jemand auf einen zu, der hund ist (noch) ruhig und – wird ignoriert.
erst wenn er sich in die leine wirft oder bellt, wird der mensch plötzlich aktiv
und belohnt damit ungewollt das aufgeregte verhalten des hundes.

kein wunder, dass der das dann immer so macht!
aufgrund des fehlenden feedbacks für gelassenheit und der prompten zuwendung für aufgedrehtes verhalten muss er ja denken,
dass der mensch das genauso will und macht es daher so.

daher gilt: 
den hund bestätigen, solange er noch halbwegs ruhig und gelassen ist.
am besten damit auch sicherstellen, dass er sich gar nicht in die aufregung reinsteigert.
und wenn es doch mal passiert, so ruhig und beiläufig wie möglich eingreifen und den hund aus der situation rausbringen
(ohne großes „ablenken“ oder viele worte).

 

3. verhalten unterdrücken

natürlich wäre uns am liebsten, der hund würde mit seiner aufgeregtheit sofort aufhören.
er bellt am zaun oder pöbelt an der leine und wir brauchen nur was zu sagen,
schon ist er gesittet und ruhig.

es gibt genug trainingsansätze, die genau das versprechen oder betreiben.
da soll der hund, der bei begegnungen sonst in die leine geht,
nun ruhig neben dem menschen am wegesrand sitzen und die anderen vorbeiziehen lassen.
erreicht werden soll das über ein nachdrückliches „sitz“, diverse korrekturmaßnahmen und die angebliche „autorität“ des menschen.

es sind methoden der einschüchterung des hundes, die auch mal heftiger ausfallen können
und dazu führen, dass der eingeschüchterte hund sich kurzfristig kaum rühren traut und daher vermeintlich „brav“ ist.

diese kurzfristige verhaltensunterdrückung bringt aber weder einen lerneffekt noch wirkliche gelassenheit.
ganz im gegenteil: der „nachdruck“ erzeugt zusätzlichen stress, innerlich steigt die aufregung noch weiter
und der hund explodiert gleich danach umso heftiger.

das geht auch gar nicht anders.
die aufregung lässt sich ja nicht einfach wegbefehlen.
es handelt sich um einen zustand des nervensystems, das wie „angeheizt“ ist und dadurch zu heftigen reaktionen führt.
das läuft ja nicht so, dass der hund sich nach kühlem kalkül entscheidet, doch jetzt mal zu randalieren.

die aufregung ist ein körperliches geschehen, das dann aufgeregtes verhalten nach sich zieht.
nur das aufgeregte verhalten durch kommandos zu unterdrücken kann daher nicht funktionieren.
die aufregung bleibt dabei ja weiter im hund.

daher gilt:
aufregung nicht noch über forderungen nach „gehorsam“ verstärken,
sondern dem hund durch umsichtiges vorgehen gelassenere reaktionen ermöglichen.

wie man das erreicht, dazu gibt es dann mehr tipps im webinar „was tun mit dem hibbelhund?“ (gleich anmelden!)

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.