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by brigid

Mai 18, 2025

emotionales konditionieren

„emotionales konditionieren“, was soll das denn sein?

nun, emotionen lernen immer mit.
bei jeder aufgabe der grunderziehung, bei jeder übung.

wir konzentrieren uns in der hundeerziehung meist auf den reinen inhalt der übung.
der hund soll also lernen: signal – gewünschtes verhalten – belohnung.
so weit ist das auch völlig korrekt.

in der positiven hundeerziehung achten wir außerdem darauf,
dass der hund dabei spaß hat und eine angenehme stimmung herrscht.
auch das ist völlig korrekt.

was wir aber nicht beachten: eine positive stimmung alleine ist zu wenig
(und außerdem beim hund gar nicht so flächendecken vorhanden, wir wir denken).

vielmehr erfordert jede übung ihre eigene emotion,
die der hund im idealfall automatisch mit dem signal abspeichert,
also gleich beim übungsaufbau konditioniert bekommt.

das signal selber soll beim ihm eine bestimmte emotion auslösen,
die ihm das ausführen des signals um vieles einfacher macht,
gerade auch dann, wenn es schwierig wird.

schauen wir uns das anhand von drei beispielen an:

1. „bleib“

im hundetraining wird gern alles möglichst fröhlich und lustig gemacht
(weil man glaubt, nur so positive stimmung erzeugen zu können).
so auch das „bleib“.

das bleiben selber ist aber eine ruheübung,
der hund sollte ganz entspannt und gelassen warten, bis er wieder freigegeben wird.

an einer stelle ruhig zu verharren, ist für den hund – vor allem den junghund – aber schwer.

je größer seine innere unruhe, umso schwerer.
je mehr spannung rund um ihn herum herrscht – zum beispiel bei seinem menschen – umso schwerer.
je mehr nachdruck der mensch in seine stimme und körperhaltung legt, umso schwerer.

das führt dazu, dass viele hunde das „bleib“ wie unter strom ausführen.
sie liegen auf der lauer nach der kleinsten bewegung, die als freigabe gelten könnte
oder springen aus dem „bleib“ auf, weil sie es nicht mehr aushalten.

was sie nicht sind: entspannt.

genau das führt im ernstfall – wo also sowieso die anspannung steigt und große ablenkung da ist – dazu,
dass der hund das „bleib“ nicht mehr schafft und schon gar nicht auf die idee kommt,
sich dabei zu entspannen und gelassen zu bleiben.

die wichtigste aufgabe fürs „bleib“ besteht daher darin,
von allem anfang an die entspannung mit hineinzutrainieren und gut zu festigen.
dann hat man damit ein wunderbares signal, mit dem man gelassenheit beim hund fördern kann.
(wie man das erreicht, gehen wir im kurs „bombenfestes bleib“ schritt für schritt durch)

2. rückruf

ganz anders sieht die sache beim rückruf aus.
da wäre entspannung fehl am platz, im gegenteil.
der hund braucht dazu begeisterung und tempo.

das rückruf-signal soll bei ihm ein gefühl von
„oh wie toll! nichts wie hin zu meinem menschen und das ganz schnell“ auslösen.
diese begeisterung ist es, die uns im alltag hilft, dass der rückruf auch wirklich funktioniert.

denn wann rufen wir den hund normalerweise?
dann, wenn was anderes aufregendes auftaucht,
wenn er von etwas interessantem ablassen soll.

ein mittelmäßiges herankommen oder gar ein unwilliges mag reichen, wenn nicht viel los ist.
für den ernstfall reicht es aber nicht.

wenn wir den rückruf aufbauen, müssen wir daher die begeisterung von anfang an mit hinein trainieren.
die richtung (nämlich auf den menschen zu) und das tempo (so schnell wie möglich) ergeben sich als nebenwirkung.

was machen wir beim training aber oft?
wir bremsen den hund und dämpfen die begeisterung.

über unsere körpersprache, also frontal aufgerichtet vor dem hund stehen.
über unseren tonfall, nämlich ein strengens „kommando“.
über das beharren auf ein korrektes vorsitzen von anfang an,
über ein heftiges (dem hund unangenehmes) kopftätscheln als belohnung.
ganz zu schweigen vom timing und dem sinnvollen übungsaufbau.

da darf man sich dann nicht wundern, wenn der hund im ernstfall nicht fröhlich herangelaufen kommt.
also besser gleich von anfang an so aufbauen, dass sich der hund über den rückruf richtig freut.
(wer eine anleitung möchte, findet sie im kurs „kommen wie gerufen“ oder „superrückruf“)

3. „tauschen“

den krassesten unterschied zwischen vorhandener und gewünschter emotion gibt es wohl beim „tauschen“.

da hat der hund ja etwas im maul, was er toll findet und worüber er sich freut.
gleichzeitig hat ihn die erfahrung gelehrt, dass sein mensch ihm das womöglich wegnimmt.
daher verbindet er das näher kommen des menschen oder dessen signale mit der angst,
dass ihm wieder was weggenommen werden könnte.

klarerweise führt das nicht dazu, dass der hund etwas freudig wieder abgibt.
nicht umsonst reagieren viele hunde auf ein „aus“ oder „pfui“ (zumindest, wenn es um was geht)
damit, dass sie schnell runterwürgen, was sie haben, oder damit weg rennen.

das kann gefährlich werden.
daher brauchen wir ein signal, das beim hund nicht sorge oder abwehr auslöst,
sondern freude.

genau: er soll sich freuen, wenn er was tolles gefunden hat,
sein mensch sich ihm nähert und ihn zum abgeben auffordert.
nur dann nämlich gibt er es auch freiwillig her.

das erreicht man einerseits dadurch, dass man dem hund von anfang an nichts gewaltsam aus dem maul nimmt
(absolute notfälle natürlich ausgenommen)
und indem man mit ihm ein signal fürs abgeben aufbaut, das bei ihm freude auslöst –
freude darauf, nun noch was besseres zu bekommen und vielleicht sogar seinen tollen fund wieder zurück zu erhalten.

„tauschen“ heißt nämlich nicht: ich halte dir was unter die nase (falls ich dir nah genug komme)
und wenn es gut genug ist, lässt du vielleicht kurz fallen, was du im maul hast.
(und oft genug nicht, wenn du was spannenderes hast).

„tauschen“ heißt: sowie der hund das signal auch aus einiger entfernung hört,
lässt er freiwillig und freudig alles liegen oder aus dem maul fallen und kommt zu seinem menschen.
nur so ist das signal im ernstfall auch brauchbar
(wie man das aufbaut, gibt’s im kurzkurs „tauschen“ als anleitung).

fazit

bei jeder übung sollte man sich daher überlegen, welche emotion dabei am meisten hilft.
und diese dann gezielt und von anfang an in die übung hineintrainiern
und das signal dafür mit dieser emotion „aufladen“.

je stärker die aufladung ist, je mehr man das gefestigt hat,
desto eher kommt die konditionierte emotion im ernstfall gegen einen anderen impuls des hundes an.

dann aber schafft man es sogar,  zum beispiel den hund mit einem begeisteten superrückruf von der großen verlockung eines aufspringenden hasen abzurufen.

 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.