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by brigid

August 16, 2015

erst neulich wieder hab ich einen hund dabei beobachtet. keine 12 wochen alt, ein tapsiger welpe! unschuldig, weiss noch gar nicht, was er tut…. fehlanzeige! der kleine hatte den trick schon raus. das geheimnis, wie man menschen für sich arbeiten lasst, ist hunden offenbar in den genetischen code eingespeichert.

oder liegt die sache andersrum? haben wir menschen es im erbgut, unsere hunde zu faulen säcken zu erziehen? sie fast schon zu zwingen, sich bedienen zu lassen?
(wenn das jetzt jemanden an den einen oder anderen männlichen vertreter der menschlichen spezies erinnert……. „schatz, ich kann das mit dem bügeln nicht. machst du das?“…. dann beweist das nur, dass auch menschen nur (faule) hunde sind 😉 ).

was war also geschehen?

der welpe sollte seine erste suchaufgabe bewältigen. an sich simpel.

du hältst dem hund ein lecker riechendes ding unter die nase, gehst 2 schritte weg. legst das teil gut sichtbar auf den boden, während der hund zuschaut. gehst zum hund zurück und schickst ihn „suchen“. es geht ja erst mal nur drum, dass er die spielregeln versteht. also lernt „das, was da so lecker roch, liegt jetzt irgendwo und ich darf es haben, wenn ich es finde“.  die aufgabe hat noch jeder hund geschafft.

wenn, ja wenn nicht der mensch sich einschaltet.
der hilfsbereite mensch, wohlgemerkt.
der etwas ungeduldige mensch.
der mensch, der seinem hund jede anstrengung abnehmen möchte.
(und manchmal der mensch, der liebend gern selber ein suchspiel machen würde).

der „hilfsbereite“ mensch als störfaktor

denn kaum hörte der welpe das wörtchen „such“ und machte einen schritt,
gab es noch 10 aufmunterungen: such, na komm, such, da schau, such…
und der mensch versuchte, den welpen in die richtige richtung zu lenken und intensiv zum schnüffeln anzuhalten.

was der welpe natürlich sowieso gemacht hätte, wäre er nicht so abgelenkt worden.
der welpe tat, was jeder schlaue hund tat: er hatte – völlig richtig – den eindruck, dass seine menschen sich eh um die sache kümmern. also ließ er sie machen. setzte sich erst mal hin und sah ihnen zu. und hätte sie vermutlich auch noch das leckerchen finden und ihm vor die nase halten lassen (bzw. die nase ans leckerli führen), wär ich nicht eingeschritten.

so erzieht man den hund – versehentlich natürlich – dazu,  nicht selber zu arbeiten, sondern arbeiten zu lassen.  wozu sich anstrengen, wenn der eilfertige zweibeinige assistent sich eh schon in gang gesetzt hat?

kaum hörten wir menschen auf, dem welpen bei der suche zu „helfen“ oder irgendetwas zu tun, voila…. setzte er sich selber in bewegung und die nase ein und hatte im handumdrehen sein leckerchen gefunden. was ja sinn der sache ist: der hund soll seinen spaß haben mit der suche! seine nase soll eine aufgabe bekommen und er soll die chance auf ein erfolgserlebnis haben.

(die suchspiele wären ja auch alle sehr simpel und kurz, wenn man jedesmal auf den menschen angewiesen ist und dass der findet!)

bist du das „personal“ deines hundes?

hunde machen immer das, womit sie auf die einfachste weise den größten erfolg haben. das ist sinnvoll und angeboren. beim jagen zum beispiel, geht der hund erst mal auf sicht. jagdbeute, die man sehen kann, ist so nahe, dass man sie am schnellsten hat. da wird man nicht erst lange die nase umständlich bemühen, die kommt erst zum zug, wenn die anderen sinne keinen leichteren weg gemeldet haben.

im umgang mit dem menschen kommt dem hund diese strategie natürlich genauso zu gute. wenn sich jemand geradezu aufdrängt,

  • ihm das versteckte leckerli in der wiese genau zu zeigen
  • das apportier-objekt selber aus dem bach zu holen
  • ihm pflichtschuldig ein keksi zu offerieren, bevor ein signal ernsthaft in erwägung gezogen wird
  • ihm auf ein rückrufsignal hinauf die ganze länge entgegenzugehen zum anleinen
  • und so weiter und so weiter…

was soll herr oder frau hund sich dann noch anstrengen?

im prinzip spricht natürlich gar nichts dagegen, dass du für deinen hund tust und rennst, wenn dir das spass macht :-).

außer einer sache:

frag dich doch mal, wieviel spaß du deinem hund damit verleidest.
um wieviele chancen auf erfolgserlebnisse du ihn damit bringst.
wie oft du schon seine selbständigkeit beschneidest.

hmmm… das wolltest du sicher nicht, oder?

na dann: lass deinen hund den job wieder selber machen und übe dich in geduldig zuschauen!

 

ps: sollte die sache mit dem kommen auf rufen bei euch ein – womöglich sogar festgefahrenes – thema sein, dann gibt es dazu demnächst einen neuen online-kurs dazu! mit „kommen wie gerufen“ kommt wieder spaß in die sache und dein hund sofort und verlässlich zu dir gelaufen, wenn du rufst. hier findest du mehr infos.

 

 

 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.