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by brigid

Juni 9, 2019

online hundeschule

dass die beziehung zum hund viel mit dem faktor zeit zu tun hat, kommt wenig überraschend.
doch normaleweise rechnet man dabei eher in den wochen, monaten und jahren, die es dauert, um zusammen zu wachsen und eine vertrauensvolle beziehung aufzubauen

was sollen da schon ein paar sekunden für einen unterschied machen?

tun sie aber!
oft genug drückt sich in diesen wenigen sekunden tatsächlich der grundcharakter der beziehung aus.

natürlich entscheiden nicht 10 sekunden alleine über wohl und wehe eures gemeinsamen lebens.
es geht vielmehr um die vielen male, in denen die 10 sekunden eine wesentliche rolle spielen und in denen wir oft kläglich versagen.

was ist also gemeint?

stell dir mal vor, du bist mit deinem hund unterwegs, er sieht irgendwas und bleibt stehen.
was machst du?
klar, du forderst ihn auf, weiter zu kommen.

oder du übst grad was mit deinem hund und gibst ihm ein signal, er macht es aber nicht sofort.
was machst du?
klar, du forderst ihn gleich nochmal dazu auf.

oder ihr seid grad mit einem denkspiel beschäftigt und dein hund weiß grad nicht recht, was er als nächstes tun soll.
was machst du?
klar, du gibst ihm einen kleinen hinweis und hilfst ihm.

nichts davon ist wirklich schlimm oder irgendwie gemein zum hund.
und trotzdem….

online hundeschule

er kriegt kein einziges mal die chance, mal kurz er selber zu sein.
in seinem tempo die welt um sich zu betrachten oder zu bewältigen.
oder vielleicht auch nur eine neue information (von dir oder aus der umgebung) zu verarbeiten und dann eh gleich wieder seine aufmerksamkeit dir zuzuwenden.

das eigene tempo

meist würde er kaum mehr als 10 sekunden dafür brauchen (manchmal weniger).
doch wir können nicht so lang warten.
buchstäblich nicht!

probier’s mal aus und zähl die sekunden langsam vor dich her
(du weißt schon, langsam „einundzwanzig, zweiundzwanzig, …. zählen)
du wirst sehen, dass du üblicherweise schon nach 2 oder 3 sekunden einschreitest und den hund aufforderst, was anderes zu tun, als er grade tun.

das nimmt dem hund nicht nur die möglichkeit, eben grad mal das zu tun, was seiner natur entspricht.
es nimmt ihm noch viel was wichtigeres:

es nimmt ihm die möglichkeit, sich von sich aus, freiwillig und daher gerne wieder dir zuzuwenden.
wenn er eben fertig geschaut, geschnüffelt oder was verarbeitet hat.

freiwillige zuwendung…oder nicht

es bringt dich dauernd in die rolle des fordernden.
das aber kennst du wohl von dir selber: wenn jemand dauernd was von dir will, wenn jemand dir keinen moment zeit geben kann, um einfach selber was zu entdecken („schau, da ist das, und schau, da ist das…. „) und überhaupt mal zu hören, zu verarbeiten und zu reagieren auf das, was er/sie grade gesagt hat – was erzeugt das in dir?

genau: widerstand!
auch unwillen, ablehnung oder frust.

also nichts, was einer beziehung besonders förderlich wäre!

mal ganz abgesehen davon, dass es oft genug auch in der sache kontraproduktiv ist:
der hund, dem du bei jedem zögern bei einer denkaufgabe sofort hilfst, lernt um nichts schneller. im gegenteil, du blockierst ihn dabei womöglich.
der hund, den du immer gleich zum weiterkommen aufforderst, wird immer öfter mal auf dein signal nicht hören und dich ausblenden (würdest du an seiner stelle auch!).
und der hund, der grad dabei ist, noch eine wahrnehmung zu verarbeiten, kann das von dir gewünschte in dem moment sowieso nicht machen.

10 sekunden machen den unterschied

die paar sekunden länger, die du mal kurz warten kannst, machen also einen riesen unterschied!
(ok, vielleicht sind es auch mal 15 oder 20 sekunden…)

das nächste mal, wenn dein hund grad wo schnüffelt oder in die gegend schaut oder grad da steht und aussieht, als könnt er keinen schritt weiter gehen, warte einfach mal:

gib ihm die paar sekunden.
warte, bis er wieder ansprechbar ist.
und noch einen atemzug länger, bis er von sich aus wieder dne kontakt zu dir aufnimmt und dann sag, was immer halt zu sagen ist.
oder lass ihn mit dem weitermachen, woran ihr grad übt (wenn ihr grad am lernen von was seid).
du wirst sehen, was das für einen unterschied macht!

nicht direkt im moment, aber in der aufmerksamkeit, die der hund dir im lauf der zeit viel lieber von selber schenken wird.
daran, dass er gar nicht mehr so lang so abgelenkt ist und schneller wieder bereit ist, mir dir weiterzuziehen.
und an eurer beziehung, die dadurch viel mehr durch kooperation geprägt ist als durch wechselseitigen druck.

was letzten endes in jeder hinsicht auch für dich selber schöner ist.

natürlich kannst du für eine kooperative beziehung noch einiges mehr tun, doch dazu dann mehr im nächsten blog-artikel
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über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.