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by brigid

August 13, 2017

nicht jeder hund mag menschen (oder sogar zu sehr, wie im letzten blog beschrieben),
so mancher hund mag fremde menschen so gar nicht!

könnte er, wie er wollte, würde er wohl einen riesenabstand halten.
100 meter oder so.

doch meist geht das nicht.
entweder weil zu viele menschen rundum sind.
oder weil die leine dran ist und er nicht weg kann.

besonders schlecht dran sind jene, die „süß“ aussehen.
ein großer schwarzer hund wird eher in ruhe gelassen
(was den meisten hunden lieber ist,
jedenfalls aber denen, die fremde menschen nicht gut abkönnen!)

aber wehe der hund ist klein, hell und zottelig!
da kommen plötzlich wildfremde menschen an, stülpen sich über den hund und wollen ihn tätscheln.

stell dir mal vor, du bist im land der 10 meter großen grünen riesen unterwegs
und versuchst, möglichst unbemerkt durchzukommen.
und dann kommt einer direkt auf dich zu, gibt merkwürdige gutturale töne von sich
und streckst seine baggerschaufelgroße hand nach dir aus!

so in etwa geht’s dem süßen kleinen hund mit den fremden menschen.
nicht schön.

was bleibt dem hund da anders übrig, als sich zu wehren, so gut er kann
(jedenfalls dann, wenn sein mensch ihn nicht gut genug schützt).
also bellt er oder knurrt und wenn das nichts hilft, schnappt er schon mal zu – das wirkt dann nämlich immer!

der spaziergang ist für diesen hund genauso anstrengend wie für seinen menschen.

dauernd auf der hut sein müssen, dass es zu keiner unerfreulichen begegnung kommt, kostet nerven.
egal ob der hund „nur“ bei jedem fremden zusammenzuckt und ihn misstrauisch beäugt
oder ob es einer ist, der jeden passanten wütend verbellt und in der leine hängt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

was also tun?

egal, wie sich die abneigung des hundes gegen fremde menschen äußert, dahinter steckt immer das selbe:

angst.

ob die angst nun „begründet“ ist, weil der hund schlechte erfahrungen gemacht hat…
ob sie keinen direkten anlass hat, sondern folge einer mangelnden sozialisation auf menschen ist…
ob sie ererbte anteile hat aufgrund der rasseeigenschaften oder weil er hund aus einer streunerpopulation stammt…

unterschiedlich ist nur, wie groß die angst ist und wie rasch sie überwunden werden kann.

einen riesenunterschied macht aber eine sache:

ob der hund gelernt hat, dass er sich wehren muss oder nicht.

anfangs versuchen hunde ja in aller regel mit ausweichen, meiden und beschwichtigungsverhalten den ungeliebten fremden und einem direkten kontakt zu entkommen.
klappt das, dann ist erst mal alles gut.

klappt das nicht, weil die menschen darauf nicht angemessen reagieren, dann wird der hund deutlicher und knurrt oder bellt.  oder er schnappt gar hin.

und siehe da: das wirkt!
jetzt endlich bleiben ihm die fremden vom leib.

und schon hat der hund gelernt, dass aggressives verhalten wirkt.
dass er sich selber schützen muss und das über abwehrmaßnahmen am besten geht.

denn ein hund, der angst hat, will vor allem eins:

sicherheit

er will sich sicher fühlen.
er will, dass die bedrohung ausbleibt oder wenigstens wieder weggeht.

der job des eigenen menschen besteht darin, für diese sicherheit zu sorgen.

achtung: dabei zählt als sicherheit das,
was der hund subjektiv als sicherheit wahrnimmt,
nicht das, was wir menschen unter bedrohung oder sicherheit verstehen!

wenn der hund einen fremden in 50meter entfernung gespenstisch findet,
dann ist es nebensächlich, ob das der netteste und harmloseste mensch der erde ist,
der hund fühlt sich nicht mehr in sicherheit und handelt daher entsprechend.

einem unsicheren hund zu mehr (selbst)sicherheit zu verhelfen, ist eine umfassenere aufgabe.
hier aber mal 3 tipps, wie ihr alltagsbegegnungen mit fremden menschen halbwegs ruhig und „sicher“ bewältigen könnt.

  1. abstand halten

    bei jedem hund gibt es eine grenze, wann ihm etwas noch egal ist und ab wann er etwas als bedrohlich (nahe) erlebt. der abstand entscheidet!

    uns menschen geht es ja auch nicht anders: ein möglicher einbrecher 200 meter von uns entfernt ist was anderes als einer, der grad durchs fenster steigt. kommt er aber immer näher und wird deutlich, dass er es auf genau uns abgesehen hat, dann kommt recht rasch der punkt, wo wir uns gefährdet fühlen und zu fürchten anfangen.

    der wichtigste erste schritt für deinen hund ist daher, so viel abstand wie nötig und irgend möglich zu halten.
    der abstand kann dann im lauf des trainings schrittweise verringert werden, aber für den anfang muss er groß genug sein.

  2. situation übernehmen

    der hund auf sich allein gestellt, fühlt sich natürlich viel unsicherer und greift daher auf aggressives verhalten zurück als einer, er weiß, dass sich sein mensch um die sache kümmert und er sich auf ihn verlassen kann.

    (es lassen ihn vielleicht trotzdem mal die nerven im stich, aber im grunde genommen weiß er, dass er nicht selber für seine sicherheit sorgen muss).

    sorg also dafür, dass dein hund weiss, dass du dich rechtzeitig drum kümmerst, dass ihm nichts passiert!
    übernimm die verantwortung für die sicherheit deines hundes.

    meist heißt das, dass du
    – selber ruhig und souverän bleibst
    – die körpersprache deines hundes liest und zeitgerecht erkennst, wann ihm was nicht mehr ganz geheuer ist
    – rechtzeitig deinen hund neben dich nimmst
    – dich selber als pufferzone zwischen die „gefahr“ und deinen hund stellst
    – auf keinen fall zulässt, dass fremde deinem hund auf die pelle rücken
    und ähnliches.

    was immer eben notwenig ist, damit dein hund weiss: für mich ist gesorgt, meine sorgen und ängste werden ernst genommen, mein mensch achtet auf meine sicherheit.

  3. ritual aufbauen

    rituale im sinn fix strukturierter abläufe geben sicherheit.
    weil man eben weiss und automatisiert hat, wie man sich in bestimmten situationen am besten verhält.

    wenn dein hund also beim näherkommen eines fremden menschen erst gar nicht lang überlegen muss, soll er ausweichen, kommt der näher, muss er nach vorn gehen und bellen oder was immer, sondern gleich einen „plan“ hat und der nochdazu lauter erwünschtes verhalten beinhaltet, ist viel gewonnen!

    so ein ritual könnte zum beispiel sein:  blick zum menschen, gemeinsam auf die seite gehen (so weit wie nötig), hinterm menschen geschützt sitzen und ruhig warten, bis der andere vorbei ist (und dafür noch leckerchen kassieren).

    das ritual muss der hund natürlich erst lernen und dann einüben – dabei ist anfangs ein ausreichend großer abstand nötig. und natürlich braucht dein hund auch eine gewisse impulskontrolle dafür (die sich zum glück schulen lässt).

    es lohnt sich aber allemal, so ein ritual aufzubauen, weil es begegnungen mit fremden menschen ungleich ruhiger ablaufen lässt und dein hund damit nun endlich positive erfahrungen mit fremden sammeln kann. das macht die nächsten begegnungen gleich viel einfacher und ein positiver kreislauf wird in gang gesetzt.

 

nur der vollständigkeit halber:
wenn dein hund sich grad vor einem fremden fürchtet (ob zu recht oder unrecht ist völlig egal),
ist das letzte was er braucht noch druck oder anspannung von dir!

also schön entspannt bleiben :-).

 

 

 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.