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by brigid

August 31, 2025

social walks

wer einen hund hat, dem es schwer fällt, bei hundebegegnungen ruhig zu bleiben, der hat mehrere möglichkeiten:

erstens:  hundebegenungen gänzlich zu vermeiden, wenn die möglichkeit besteht.
auf die dauer eines hundeslebens ist das schwer durchzuhalten.

zweitens: bei hundebegegnungen so großräumig ausweichen, dass es für den hund schaffbar ist.
eine weile gelingt das vielleicht, doch auch da gilt: auf dauer könnte es schwierig werden.

drittens: das problem in angriff nehmen und mit dem hund einüben, dass er gelassen bleiben kann, wenn ein anderer hund kommt

(und nein, eine vierte option „der hund wird sich schon von selber dran gewöhnen“ gibt es nicht).

tipps dafür, wie man die spaziergänge trotz begegnungen mit hunden oder anderen aufregungen ruhiger ablaufen lassen kann, gibt es im webinar „ganz entspannt unterwegs“, von dem die aufzeichnung heute grade noch zur verfügung steht.

fürs üben von hundebegegnungen werden zunehmend sogenannte „social walks“ angeboten.
der begriff umfasst allerdings eine reihe unterschiedlichster formen, von denen manche sinnvoller und andere schlicht unfug sind.

wer einen gut strukturierten social walk bucht und einfach gern in gesellschaft anderer hunde spazierengeht,
ist damit auch gut bedient.

wenn ein hund allerdings probleme mit hundebegegnungen hat, stellt sich die frage, was das eigentliche ziel ist.

was will man erreichen?

haben möchte man ja, dass der hund im alltag und beim spazierengehen cool an einem anderen hund vorbeigeht,
statt sich bei jeder begegnung aufzuregen.

je nach ursache seiner leinenpöbelei will man also erreichen,  dass der hund sich
– sicher und ungefährdet fühlt, wenn ein anderer hund auf ihn zukommt
– unaufgeregt und ruhig bleiben statt frustriert und überdreht zu reagieren, wenn er einem anderen hund begegnet und er keinen kontakt haben kann.

beides soll der hund idealerweise auch dann schaffen, wenn nur die normale alltagsdistanz von zwei oder drei metern besteht.

der hund muss also in jedem fall gelassenheit einüben,
außerdem muss er ein gewünschtes verhalten verstehen und dann auch machen
und er braucht einen menschen, der umsichtig unterwegs ist
und an dem er sich orientieren kann.

was wird wirklich geübt?

das stichwort bei der ganzen sache: wenn ein anderer hund auf einen zukommt.
eine begegnung läuft nämlich völlig anders ab als ein gemeinsamer spaziergang.

beim social walk haben die hunde (hoffentlich!) die gesamte zeit ausreichend abstand zueinander,
gehen parallel zueinander oder hintereinander
und haben zeit, sich aneinander zu gewöhnen und festzustellen, dass der andere den abstand einhält.

bei einer begegnung im alltag sieht das ganz anders aus:
der hund kommt von vorne auf einen zu und frontale annäherungen sind ungleich schwerer.
der hund erlebt die anfangsaufregung der ersten sekunden
und bevor die noch abklingen kann (was etwa zwei bis drei minuten dauern würde), ist der andere hund schon wieder weg.

darauf bereitet ihn der social walk aber nicht vor.
eine hundebegegnung verläuft ganz anders als ein social walk (selbst wenn der noch so gut strukturiert ist).

der hund kann aber nur das lernen, was man mit ihm übt.
daher wäre es viel schlauer, mit ihm die tatsächlichen begegnungen zu üben, wie sie im alltag vorkommen.

was braucht der hund?

im alltag erlebt der hund bei einer begegnung mit einem anderen hund ein gefühl von überforderung,
vielleicht sogar von verunsicherung oder bedrohung, wenn er sich mit anderen hunden nicht gut versteht.
dem gilt es beizukommen.

dafür muss der hund normale begegnungen einüben und das so,  dass er sie als etwas erlebt, mit dem er klar kommt.
man muss das training also so aufbauen, dass der hund bei einer begegnung
– noch (!) ruhig bleiben kann
– weiss, was er tun soll (ausweichen oder sich hinsetzen und warten oder an lockerer leine gehen…)
– und auch imstande ist, das auszuführen

nicht zu vergessen: es sollen zumindest mittelfristig normale alltagsbedingungen angepeilt werden.
man will nicht auf ewig riesige bögen laufen, auch wenn es am anfang wahrscheinlich nötig ist.
man will auch nicht auf ewig den hund am anderen hund „vorbei füttern“, auch wenn es zu beginn hilfreich sein kann.

das alles erfordert ein systematisch aufgebautes begegnungstraining, 
das auf den hund und seine motive abgestimmt ist.
kein noch so guter social walk kann das ersetzen.

übrigens: wenn der hund mit anderen begegnungen wie joggern oder radfahrern schwierigkeiten hat, käme niemand auf die idee, nun mit einer gruppe von joggern oder radfahrern eine stunde spazieren zu gehen, sondern übt genau das.
das sollte für hundebegegnungen genauso gelten.

 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.