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by brigid

Mai 25, 2025

rechtzeitig eingreifen beim hund

die frage, ob und wann man beim hundekontakt eingreifen soll, beschäftigt einen immer wieder.
schließlich will man den hund in seinem sozialverhalten nicht blockieren,
andererseits solll er von anderen hunden auch nicht dumm angemacht oder bedrängt werden.
das zieht immer einen rattenschwanz an negativen lerneffekten nach sich.

woran soll man sich dabei orientieren?

allen voran an der körpersprache der hunde.
des eigenen hundes genauso wie des anderen.
die verrät nämlich vorab in den ersten kleinen details schon recht eindeutig,
ob man einen kontakt überhaupt zulassen sollte oder nicht.

dazu muss man hunde allerdings genau „lesen“ können. worauf es besonders zu achten gilt, wird uns demnächst im neuen webinar „feinheiten der hundesprache“ beschäftigen, für das du dich gleich hier anmelden kannst (kostenlos):

entscheidend sind dabei vor allem die folgenden drei momente:

1. der moment „davor“

unhöfliches verhalten unter hunden passiert nicht aus heiterem himmel, sondern lässt sich an seinen vorzeichen ablesen.
(genauso wie jedes andere verhalten).

noch bevor der hund den anderen anbellt,
bevor er sich auf den boden legt und nicht mehr weiterzubewegen ist,
bevor er auf den anderen hinstürmt,
bevor er den anderen als eindeutig zu wild empfindet,
lässt sich das an seinem ausdruck erkennen.

man muss es nur darauf achten und darf nicht erst einschreiten,
wenn der hund bereits reagiert und bellt, pöbelt, überfordert ist, hinrennt etc.

der moment „davor“ ist es nämlich, an dem sich ablesen lässt,
ob ein hundekontakt gut ausgeht oder ob man es lieber bleiben lassen sollte.

achtung: den anderen hund muss man dabei genauso gut im auge haben wie den eigenen.
zu einer begegnung gehören ja immer zwei (oder mehrere).

2. der anfang der überforderung

es kann bei aller umsicht trotzdem passieren,
dass eine begegnung so verläuft, dass doch einer oder beide hunde damit überfordert sind.

zum beispiel, weil sie zwar kontakt haben und spielen möchten,
dann aber damit und mit dem anderen nicht ganz umgehen können.

oder es kommt zum kontakt und einer muss sich plötzlich doch aufplustern und verfällt ins imponieren,
was den anderen verunsichert und, der vielleicht sogar bedrängt wird.

oder die beiden fangen an zu spielen und das spiel läuft „heiß“,
weil zu viel rennen oder zu grobes rangeln platz greift,
oder einer ist dem andern körperlich so überlegen, dass es kein spiel mehr bleibt.

so weit soll es jedenfalls nicht kommen.
auch hier kann man jedesmal vorzeichen dafür erkennen.
dann abzuwarten, ob es eh gut geht oder doch nicht, ist nicht die klügste entscheidung.

der hund soll den anderen ja nicht als überfordernde situation erleben
(oder selber zu einer überforderung für den anderen werden),
das wäre einem souveränen sozialverhalten abträglich.

daher heißt es: sofort bei den allerersten zeichen von überforderung bei einem der hunde eingreifen.
den kontakt in aller ruhe unterbrechen und auf abstand gehen.

ob nach einer kurzen abkühlung die hunde wieder kontakt haben können
(und dann vielleicht lieber ein stück nebeneinander herlaufen, statt stationär zu bleiben)
oder besser nicht, kann man dann immer noch entscheiden.

3. der moment des einfrierens

verläuft ein hundekontakt nicht so harmonisch, wird die anspannung in den hunden oft ganz deutlich.
sie stehen einander steifbeinig gegenüber und fixieren sich
oder einer baut sich quer zum anderen auf und legt ihm womöglich den kopf auf den rücken
oder der „unterlegene“ friert richtiggehend ein, während der andere in beschnüffelt.

das ist der schlechteste moment zum eingreifen.
so paradox das klingt.

erstens natürlich schlecht, weil man alles davor übersehen hat und daher zu spät dran ist.
zweitens aber vor allem deswegen schlecht, weil nun die spannung am höchsten ist
und das eingreifen das fass zum explodieren bringen könnte.

die schlechteste idee wäre, den „unterlegenen“ hund abzurufen.
der darf sich jetzt nämlich bloss nicht schnell bewegen, um den anderen nicht zu provozieren.
würde er dem rückruf folgen und losstarten, knallt der andere mit hoher wahrscheinlichkeit auf ihn drauf.

den „stärkeren“ abrufen könnte man zwar mit weniger risiko versuchen,
es bleibt aber häufig erfolglos.
und man muss sich ganz sicher sein, dass dann nicht der andere doch hinterhersetzt.

dazwischengehen könnte man, wenn man es wirklich schafft,
ruhig und entspannt zu bleiben, sich nur ganz langsam zwischen die hunde zu schieben
und so etwas luft zwischen die hunde zu bringen.
idealerweise tun das beide hundemenschen und können dann beide gleichzeitig(!) an die leine nehmen.

keine einfache übung.
sollte noch einer der hunde futterneidig sein  und der leckerlibeutel des menschen dadurch bedenklich nah kommen,
wird es noch schwieriger.

so sehr es einem gegen den strich geht:
die beste form des eingreifens in diesem moment der höchsten anspannung ist es,
auszuatmen, ein paar schritte von den hunden weg zu gehen und ihnen luft zu lassen.
damit nicht die eigene sorge und anspannung noch öl ins feuer gießen.

das gilt natürlich nicht mehr im notfall, wenn die hunde wirklich ernsthaft zu raufen beginnen.
das ist nochmal ein ganz anderes thema (mehr dazu im fach-webinar „was tun bei hunderaufereien“)

hunde „lesen“

letzten endes steht und fällt in sachen hundekontakt und richtig eingreifen alles damit,
ob man hunde gut lesen und schon die kleinen vorzeichen erkennen kann.

nur dann ist man rechtzeitig dran und kann verlässlich einschätzen,
ob bei einem kontakt noch alles in ordnung ist oder man sich drum kümmern müsste.

was jedenfalls und immer falsch ist: „die machen sich das schon selber aus“.
irgendwas machen sie natürlich immer, aber ob es ein souveränes sozialverhalten fördert, steht auf einem ganz anderen blatt.

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.