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by brigid

Mai 12, 2019

leine ziehen ist so was mühsames – und erst recht das dauernde stehenbleiben.
das hast du ja sicher auch schon oft und oft gehört oder gelesen:

wenn der hund an der leine zieht, musst du stehen bleiben.
denn sonst hat er mit dem ziehen erfolg, er kommt ja weiter oder dorthin, wo er wollte.
dieser erfolg aber ist die belohnung fürs ziehen und damit wird das ziehen immer mehr.

das stimmt durchaus.
die option, den hund einfach ziehen zu lassen, entfällt also.
(auch wenn’s manchmal das einfachste wär, vor allem, wenn der hund nicht allzu heftig zieht oder nicht besonders groß ist).

noch was entfällt: die option, den hund halt gelegentlich ziehen zu lassen.
zum beispiel morgens beim aus dem haus gehen die ersten meter, bis er mal gepinkelt hat.
oder wenn man’s grad eilig hat und weiterkommen muss.
oder wenn der hund grad mitten auf der straße zu ziehen anfängt.

das gelegentliche ziehen lassen, belohnt das ziehen ganz genauso!
gelegentliche belohnung ist sogar noch wirksamer als dauernde belohnung!
(das ist leider eine der unmissverständlich nachgewiesenen regeln des lernverhaltens).

also stehen bleiben?
wie alle immer sagen?

hier klaffen nun theorie und praxis auseinander. ziemlich weit sogar.
denn theoretisch ist es natürlich richtig, dass der hund durchs falsche verhalten keinen erfolg haben soll.
dass er also mit ziehen nicht weiterkommen darf.

theoretisch lernt er dadurch, dass das ziehen nichts bringt und lässt es daher bleiben.

bloß: wie oft bist du schon stehen geblieben, wenn er gezogen hat.
und hat er nun schon gelernt, dass das ziehen nichts bringt?

eben…

was läuft da also schief?

das problem mit dem stehenbleiben beim leineziehen

das problem besteht darin, dass
erstens: das stehenbleiben nicht richtig gemacht wird  und
zweitens: das stehenbleiben alleine einfach nicht reicht

man könnte sogar sagen: das stehenbleiben als methode des leinentrainings geht dem menschen ziemlich gegen die natur.
und genau deswegen bringt es nichts und endet im frust.

es hat gute gründe, warum das stehenbleiben nicht funktioniert:

1. wann bleibst du stehen? 

bleibst du wirklich jedes einzelne mal stehen, wenn der hund an der leine zieht?
und stehst du wirklich schon in genau dem moment, wo die leine spannt?
oder kommt der hund doch noch ein zwei-drei schritte weiter – obwohl die leine schon ein wenig spannt?

das genau ist nämlich das problem.
du bleibst zwar stehen, aber eben nicht gleich und nicht jedes mal.

damit ergibt das aber keine klare regel für deinen hund!
er hat gar nicht die chance rauszufinden, dass das leineziehen nicht funktioniert – weil es ja oft genug (noch ein wenig) funktioniert!

also ist es nur logisch für ihn, immer wieder zu ziehen.
auch wenn du (zwischendurch) noch so oft stehen bleibst).

2. wer gibt nach?

damit das stehenbleiben was bringt, muss der hund nicht nur die erfahrung machen, dass ziehen nichts bringt, sondern auch noch eine zweite!

er muss auch draufkommen, dass es erst weiter geht, wenn er nachgibt.
dein hund muss es also in der hand haben, ob es weitergeht oder nicht.
nur dann kann er sein verhalten danach orientieren.

was aber ganz oft passiert, wenn man stehenbleibt, ist das folgende:
der hund zieht, man bleibt stehen.
man wartet.
weil die spannung an der leine sich unangenehm anfühlt, lässt man ein winziges bisschen nach (unbewusst!).
der körper sagt dann: he, die leine spannt eh nicht mehr, also können wir wieder weiter gehen.
also geht man weiter.

was der hund dabei gelern hat ist natürlich nur:
plötzlich geht es nicht weiter.
er bleibt stehen und wartet.
und dann geht es eh wieder weiter.

warum erst das eine (das stehenbleiben) und dann das andere (das weitergehen) passiert, bleibt ihm schleierhaft.
denn irgendeine regelmäßigkeit ist darin einfach nicht zu erkennen.


3. was ist richtig?

ein hund kann umso leichter das eine – „falsche“ verhalten bleiben lassen, wenn er weiß, wie er das selbe ziel auf die richtige art erreichen kann.
genau das weiß er aber oft nicht!

gehen muss er ja schließlich, weiterkommen möchte er auch.
und wenn er das nur als gelegentliches leineziehen kennt
und als gelegentliches grad nicht leineziehen, das sich aber nicht unterscheidet (für ihn!) vom ziehen,
dann hat er keine orientierung, was das bessere wäre.

er braucht also ein klares feedback, was denn nun eigentlich richtig ist: nämlich das gehen an durchhängender leine!
dabei geht er nur zu oft leer aus!
kein lob, keine belohnung, halt nur gehen, bis die leine wieder spannt.

oft gibt es den richtigen durchbruch im leinentraining erst, wenn man anfängt, oft genug die lockere leine zu belohnen!

dabei stellt sich natürlich die frage: wie verhindere ich denn, dass der hund an der leine zieht, damit ich ihn überhaupt dafür belohnen kann dass er nicht zieht?

nun, da seht vernünftiges leinentraining an: in der kombination der einzelnen schritte – also ziehen nicht belohnen, lockere leine schon und dafür sorgen, dass die leine locker bleibt. schau doch mal die kurse „lockere leine“ an, wenn du dich dafür interessiert. du wirst verblüfft sein, wie einfach es eigentlich ist und wie rasch dein hund den dreh raus hat!

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.