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by brigid

November 20, 2016

wir menschen glauben ja gern, dass wir ganz klar kommunizieren und nur die hunde (manchmal) schwer zu verstehen sind. “

naja…

ganz so ist es leider nicht.

ehrlich gestanden wunder ich mich manchmal, wie viel sinn die hunde aus unsereins trotz allem noch heraus interpretieren.

denn zwischen dem, was in unserem kopf klar ist, und dem, was wir dem hund tatsächlich an botschaft senden, liegen oft welten! kommunikation ist ja bekanntlich das, was beim anderen ankommt.

hier sind mal die krassesten 5 Missverständnisse:

 

1. „ich hab dich lieb“

stell dir mal vor, da stürmt jemand auf dich zu und stößt dir seine nase ins gesicht. findest du das nett?

mitnichten! nicht in unserem kulturkreis.
andernorts aber werden damit liebe und zuneigung ausgedrückt.  es gibt nicht nur den nasengruß sondern auch den nasenkuss.

unseren hunden geht mit unseren Liebesbezeugungen mitunter ähnlich.

denn was machen wir, wenn wir unserem hund mal so richtig zeige wollen, wie lieb wir ihn haben?

wir beugen uns vor, langen mit beiden händen zu, drücken ihn an uns und knuddeln ihn tüchtig durch.

beste absicht, ehrliche emotion. total falsche botschaft.

in hundesprache bedeutet das ein bedrängen, bedrohen und gefahr.
deine eigentliche botschaft :

„ich mach dich gleich platt“

frontale annäherung, von oben drüberbeugen und den anderen festhalten kommen unter hunden nur in unfreundlicher absicht vor.

besser:  hock dich neben deinen hund oder kuschelt euch gemeinsam aufs sofa, kraul ihn an der brust und verström deine emotion statt sie mit beiden händen zu verteilen.

 

2. „ich hab hier das sagen“

du musst dich deinem hund gegenüber manchmal schon durchsetzen, nicht?
hört man doch überall.

und mal ehrlich: hin und wieder hat mal auch das bedürfnis, mal so richtig (sinnbildlich) mit der faust auf den tisch zu knallen und klarzustellen, dass hier bitte getan wird, was man selber am besten in den kram passt.

es sind selten die situationen, in denen man grad ganz entspannt und friedlich ist.
im gegenteil.

was machen wir dann: wir richten uns zur vollen größe auf, wir werden laut und fahren schon mal den muskeltonus noch ein stück höher. bereit auf widerstand mit noch mehr krawall zu reagieren.

ein ähnliches verhalten findest du durchaus im wolfsrudel oder der hundegruppe auch.
aber weißt du bei wem?

bei den unsicheren halbstarken, die grad auf großer macker machen!
und die nimmt keiner ernst.

je lauter einer werden muss, desto weniger souveränität hat einer.
hören und folgen tut man aber nur einem souveränen.

je mehr du dich also aufspielst (meist, weil die eigenen nerven etwas gereizt sind), desto lauter und deutlicher sagst du deinem hund:

„ich bin eine niete und hab nichts im griff“.

verwechsle also bestimmtheit und konsequenz nicht mit laustärke und strenge. in der ruhe liegt die kraft!

 

3. „das darfst du nicht tun“

diesen satz gibt es den unterschiedlichsten Formulierungen: lass das, hör auf damit, was fällt dir ein,…

oder ein schlichtes: NEIN! AUS!

und siehe da: wenn man es nur laut genug oder mit ausreichend schärfe sagt, hört der hund auch prompt damit auf.

alles gut also. oder?

wenn du erreichen wolltest, dass dein hund sich einen moment lang gar nicht mehr traut, dann ja.
er hat eine auf den deckel gekriegt und nun setzt kurzfristige „verhaltensunterdrückung“ ein.

du kennst das ja vermutlich von dir selber, wenn du mal mit etwas zu hohem tempo in die radarfalle gebraust bist.
du merkst, hoppla geblitzt!, und was machst du dann? genau: du fährst die nächsten paar kilometer langsamer als erlaubt.

verhaltensunterdrückung auch bei dir, erst mal langsam und vorsichtig und sich ja nicht viel rühren, es gab ja grad eine auf den deckel.  bis du dann nach ein paar kilometern – wo nichts weiter passiert – wieder aufs gaspedal trittst. denn natürlich hast du aus dem vorkommnis nicht gelernt, nie wieder zu schnell zu fahren!

so wie dein hund auch nichts lernt, wenn du ihm ein scharfes NEIN entgegen schmetterst. er fährt dann nur auch ein stück weit halbes tempo.

übersetzt heißt dein „lass das!!!“ also bloss

„rühr dich kurz nicht“

oder aber du bleibst dabei noch freundlich und nett, dann geht das ganze anders nach hinten los und der hund interpretiert deine aufmerksamkeit als bestätigung. dann übersetzt er sich den satz in

„mach ruhig weiter“

besser wär es, deinem hund das richtige verhalten zu zeigen und das zu belohnen, wenn du willst, dass er das richtige tut.

 

4. „du musst dich nicht fürchten“

„alles gut“
„alles ok“
„schau, der/die ist ganz lieb“

solche und ähnliche sätze hören hunde, die entweder angst haben oder zu reaktivem verhalten neigen des öfteren.

meist dann, wenn sie sich schon fürchte, wenn sie schon in die leine springen!

und wenn sich der mensch schon fürchtet, dass es wieder blöd hergeht.
oder sich schon anspannt und ärgert, dass es schon wieder blöd hergeht.

ob man sich über den rücksichtslosen anderen, den anstrengenden eigenen hund oder sich selber ärgert, tut für den hund wenig zur sache.

was bei ihm ankommt:
mein mensch hat angst.
mein mensch regt sich auf.
es muss also wirklich gefährlich sein!

stimmungsübertragung nennt man das. und die funktioniert natürlich nicht nur unter hunden!

du könntest deinem hund genauso gut zurufen:

„achtung gefahr!“

ausgenommen nur dann nicht, wenn du es schon besser machst:

also wirklich selber ruhig sein, auch innerlich. entspannt bleiben, ruhig atmen und zuversichtlich sein, dass ihr die situation gut schafft.  dann kann auch dein hund sich entspannen.

5. „das hast du toll gemacht“

da ist dein hund aufs rufen sofort gekommen, obwohl er grad zu einem anderen hinlaufen wollte,  das muss natürlich toll belohnt werden!

oder du magst deinem hund nicht immer nur keksi reinstopfen, wenn er’s gut gemacht hat.

also streicheln wir den hund doch zur belohnung!

es gibt zwar hunde, die streicheleinheiten sehr gerne mögen und ein sanftes kraulen oder eine leichte berührung mit der hand als bestätigung gut finden (achtung: die futtermotivierten gehören nicht so dazu 🙂 ),

aber…

großes ABER

im richtigen moment! mitten in der aktivphase kommt streicheln nicht so gut.
und auf die richtige art: leichte berührung, sanftes kraulen.

meistens sieht man aber ein heftiges geknuddel, kräftiges klopfen und sich dabei so richtig drüberstülpen über den hund, ja den vielleichtnoch umarmen.

und man sieht geduldig ertragende bis angewiderte hundegesichter, die das halt über sich ergehen lassen. belohnung ist das nämlich keine! eher schon strafe

die botschaft an deinen hund:

„mach was gut und es gibt saures“

das wird der sich dann natürlich überlegen, wie oft er noch bock hat, das gut zu machen!

besser: belohn deinen hund mit futter oder stimmlichem lob und behalte dir die streicheleinheiten lieber für die ruhigen phasen und das kuscheln miteinander vor.

weil es gar nicht so leicht ist, mit dem hund gut und klar zu kommunizieren, gibt es ab sofort den neuen online-kurs  „mit hunden sprechen“, in dem die feine verständigung mit viel spaß geübt wird. mach doch auch mit!

 

 

 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.