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by brigid

Dezember 3, 2017

mal ehrlich:
passiert es dir auch manchmal, dass du dir denkst, dein hund sollte jetzt tun, was du willst – um der liebe willen?
du tust soviel für ihn, weil du ihn liebst. also könnte er auch mal was für dich tun, wenn er dich liebt.

natürlich wissen wir vom kopf her, dass das unfug ist.
aber taucht nicht doch hin und wieder so ein gefühl auf?

ganz insgeheim vielleicht?

das wäre kein wunder!

schließlich funktionieren menschliche beziehungen ja auch oft nach genau diesem muster. kindererziehung sowieso.

wenn du mami/papi lieb hast, dann isst du jetzt deinen spinat auf.
bähh!!!
jetzt ist mami/papi aber ganz traurig….

echt bescheuert, wenn ihr mich fragt!

und es wird um nichts besser, wenn das auf die hunde übertragen wird.

in der herkömmlichen hundeerziehung wird natürlich nicht von bravsein oder liebe gesprochen (wo kämen wir denn da hin 🙂 ).

nein, da heißt es dann gehorsam und bindung!

und wenn der hund nicht gehorcht, dann liegt es vermeintlich an der fehlenden bindung.

ja wirklich, es kommen immer wieder (meist recht unglückliche bis verzweifelte) menschen zu mir, denen irgendjemand erklärt hat, ihr hund hätte keine oder zu wenig bindung an sie, weil er zum beispiel an der leine zieht. oder nicht immer kommt, wenn man ihn ruft.

dabei  fehlt dem hund nur eines:

richtig. erziehung!

die bindung ist noch bei einem jeden mensch-hund-team da gewesen, das ich bislang kennen gelernt habe. unterschiedlich ausgeprägt, weil es eben unterschiedliche bindungstypen gibt, beim menschen wie beim hund. aber vorhanden war die bindung. nur das richtige gelernt hatte der hund eben noch nicht immer.

in wirklichkeit können hunde kaum anders, als eine bindung zu ihrem menschen aufzubauen.
hunde sind soziale lebewesen. sie brauchen soziale bindung für ihre psychische gesundheit.
daher schließen sie sich ziemlich unmittelbar an zumindest einen menschen an.

besonders deutlich wird das bei sehr ängstlichen oder sehr mißtrauischen hunden aus dem tierschutz.
für die kann es oft eine schier unüberwindliche hürde sein, die nähe von fremden menschen zu tolerieren oder alle haushaltsmitglieder als harmlos einzustufen.
aber eine person ist immer da, an der sie hängen. und das oft vom ersten moment an.

das liegt daran, dass jeder hund irgendeine soziale bezugsperson (oder ein solches wesen) braucht. lebensnotwendig braucht.  daher binden sie sich rasch an den menschen.

also geh ruhig davon aus, dass dein hund eine gute bindung an dich hat!

das heißt aber noch lange nicht, dass ihr auch eine gute oder gar innige beziehung habt.
und schon gar nicht, dass er deswegen immer tut, was du möchtest.

es gibt einen riesenunterschied zwischen

1. bindung
2. erziehung
3. beziehung

bindung ist die enge emotionale, soziale beziehung zwischen zwei lebewesen, wie die von mutter und kind. sie verleiht sicherheit und stabilität. und sie kann recht unterschiedlich ausgeprägt sein und wird vom charakter der beiden wesen beeinflusst. wie weit dein hund sich zum beispiel von dir entfernt, sagt viel über seine eigenständigkeit, seine sicherheit vs. ängstlichkeit (oder sein jagdverhalten!) aus, aber wenig über eure bindung.

erziehung ist das, was du deinem hund beibringst und was er nach den lernregeln abspeichert: was erfolg bringt, wird weiter gemacht. was keinen erfolg bringt, lässt man bleiben.
erziehung ist nur ein teil dessen, was ein hund lernt. es gibt ja auch ziemlich viel, was er sich selber beibringt oder von anderen (menschen oder hunden) lernt. lernen braucht zwar ein halbwegs angstfreies umfeld, erfordert aber keine bindung. es erfordert nur das erkennen und abspeichern, dass manche verhaltensweisen sich lohnen und andere nicht.

beziehung schließlich ist das, was euer miteinander bestimmt und ausmacht. welches verhältnis ihr zueinander habt, wieviel vertrauen da ist, wieviel nähe und verständnis es gibt. also die qualität des miteinander. die ist nicht von anfang an da, sondern sie entsteht im lauf der zeit, kann sich vertiefen (oder auch nicht), kann sich weiterentwickeln (oder auch nicht) und entscheidet darüber, wieviel freude ihr aneinander und miteinander habt.
übrigens: ihr könnt eine wundervolle beziehung haben, selbst wenn dein hund ziemlich „unerzogen“ ist :-).

was das für die praxis heißt?

ganz simpel zusammengefasst:

1. mach dir keine sorgen, dass dein hund dich nicht genug liebt oder eine „schlechte“ bindung hat, nur weil er nicht tut, was du willst!

2. erzieh deinen hund! bring ihm die dinge bei, die du haben möchtest, und sorge dafür, dass er sie erstens versteht und dass sie sich zweitens für ihn lohnen.

3. tu was für eure beziehung, wenn du eine innige verbindung mit deinem hund haben magst. schließlich will jede beziehung – auch die zu deinem hund – ein wenig gepflegt werden.

 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.