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by brigid

Oktober 4, 2025

futterbelohnung unnatürlich

erziehung über futterbelohnung sei was unnatürliches, wird immer wieder behauptet.
schließlich würden die hunde untereinander auch keine leckerchen für gutes benehmen verteilen.

das argument lasse ich erst gelten, wenn jemand mir einen hund zeigt, der dem anderen leinenführigkeit beibringt.
ohne leckerchen versteht sich.

das zeigt schon das erste dilemma auf:
man versucht, beim verhalten freilebender hundegruppen anleihe zu nehmen für etwas ganz anderes:
das einfügen des hundes in die menschenwelt.

leben in der menschenwelt

wo ein freilebender hund einfach seinen hundegemäßen impulsen und bedürfnissen nachgeht,
muss der hund in menschengesellschaft genau diese oft hintanstellen oder unterdrücken.

er soll bitte nicht seinem jagdimpuls folgen und einem hasen hinterhersetzen.
er soll fressbares am wegesrand liegen lassen statt alles runterzuschlingen, was er erwischen kann.
er soll geduldig warten und gelassen bleiben, wenn er eigentlich drauf los stümrne möchte.
er soll den störenden fremden am gartenzaun nicht verbellen
und auch nicht nach lust und laune auf jeden anderen hund zulaufen, wenn er eigentlich mit uns unterwegs ist.
und so weiter.

so viele anforderungen, die entweder nicht in der natur des hundes liegen (für leinegehen gibt’s nunmal kein gen) oder ihr sogar zuwider laufen!
und dann kommt jemand daher und will dem hund das ganz „natürlich“ nach hundeart und daher ohne leckerchen beibringen.
verquere logik…

hundelogik

der logik des hundes entspricht es, das zu tun, was ihm was bringt.
beim freilebenden hund ist das einfach: wenn er müde ist, sucht er sich einen ungestörten schlafplatz.
wenn er hungrig ist, macht er sich auf futtersuche und alles fressbare ist dafür die „belohnung“.
er wird orte meiden, wo ihm gefahr droht, und orte aufsuchen, die futter verheißen oder schutz bieten.

wollen wir nun erreichen, dass der hund etwas tut, was ihm die natur nicht in die wiege gelegt hat und was für das zusammenleben mit dem menschen aber notwendig ist, müssen wir dafür sorgen, dass sich das für ihn lohnt.

wir geben dem hund nicht bloss ein leckerchen im richtigen moment,
wir geben ihm einen guten grund, etwas zu lernen und auszuführen, was für ihn schwierig ist.

zum beispiel:  an lockerer leine laufen bringt dem hund gar nichts, wenn er davon keinen nutzen hat.
der nutzen besteht in der belohnung vom menschen, die beim übungsaufbau häufig eingesetzt wird und allmählich abgebaut werden kann, wenn da verhalten mal etabliert ist.

der ganze trick in der hundeerziehung besteht immer nur darin, einen weg zu finden,
wie sich ein vom menschen gewünschtes verhalten für den hund lohnt.
(wer eine genaue anleitung dazu möchte, findet die in den „hunde basics“).

liebe statt leckerchen?

nun gibt es da noch eine fraktion von leckerchen-gegnern.
das sind jene, die meinen, der hund solle sich wegen der „bindung“ an seinen menschen,
wegen dessen natürlicher autorität oder wegen des „will to please“ richtig verhalten.

klingt ehrlich gestanden alles ein wenig nach „der hund soll mir zuliebe alles machen, weil ich der chef bin.“
und so läuft das nicht.

liebe und leistung sind bei keiner erziehung eine gute paarung,
nicht bei kindern und auch nicht bei hunden.

eine emotionale bindung und zuneigung zueinander alleine hat noch niemandem eine fertigkeit beigebracht.
was wir dem hund in der hundeerziehung vermitteln sind nunmal fertigkeiten und keine emotionen.

natürlich können im lauf des trainings leckerchen allmählich durch lob ersetzt werden.
dahinter steckt aber ein anderer mechanismus.

primäre und sekundäre verstärker

unter primären verstärkern versteht man alles, was für den hund direkt und ohne umwege eine belohnung darstellt:
futter, spielen mit freundlichen artgenossen…. alles, was er im moment grad haben oder tun möchte.

mit gutem grund wird futterbelohnung in der hundeerziehung verwendet.
es ist eine unmittelbar wirksame belohnung und sie lässt sich viel einfacher organisieren als andere formen primärer verstärkung
(wie zum beispiel kontakt zu einer läufigen hündin für einen intakten rüden)

sekundäre verstärker hingegen haben erst mal keine direkte belohnungswirkung auf den hund,
sondern müssen erst gelernt werden.
sie wirken dadurch, dass sie dem hund ankündigen, dass danach ein primärer verstärker kommt.
wenn auf das wort „gut gemacht“ häufig ein leckerchen folgt, dann erlangt zunehmend das „gut gemacht“ die bedeutung von belohnung.

freundliche worte transportieren für den hund zwar eine angenehme stimmung,
für die punktgenaue belohnung für ein spezifisches verhalten reicht das aber nicht.

fazit

futter als „erfolg“ für ein bestimmtes verhalten ist eine zutiefst dem hund entsprechende methode der verhaltensverstärkung.
für die der hunde natur zuwider laufenden anforderungen der menschenwelt braucht es jedenfalls einen ausreichend starken anreiz.
futterbelohnung bietet den (und klug eingesetzt erzeugt sie genug motivation für die übung, dass man sie auch wieder ausschleichen kann).

an der verwendung von leckerchen in der hundeerziehung ist also absolut gar nichts „unnatürlich“.

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.