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by brigid

August 3, 2025

aufmerksamkeit hund

die aufmerksamkeit vom hund ist eine zentrale grundlage nicht nur in der erziehung,
sondern vor allem im tagtäglichen zusammenleben mit dem hund.
allerdings hat der hund nicht immer aufmerksamkeit für den menschen übrig, sehr zu unserem leidwesen.

in der regel ist er genau dann nicht mehr gut ansprechbar, wenn wir’s am dringendsten möchten.
wenn eine ablenkung auftaucht wenn er was spannendes gefunden hat oder wenn ihm was zu langweilig wird,
kann es echt schwierig werden, die aufmerksamkeit noch zu kriegen.

das kommt nicht von ungefähr und liegt jedenfalls nicht am unwillen oder der vermeintlichen „sturheit“ des hundes.
aufmerksamkeit ist nämlich nicht unendlich verfügbar.
daher hat die natur klare regeln eingezogen, wie ein lebewesen seine aufmerksamkeit so verteilt,
dass sie dem überleben am besten dient.

der hund folgt diesen aufmerksamkeitsregeln genauso wie jedes andere lebewesen (unsereins eingeschlossen).
man muss diese regeln daher kennen und auch wissen, wie man ihnen notfalls mit entsprechendem training entgegenwirken kann.
heute wollen wir uns diese vier regeln, nach denen aufmerksamkeit verteilt wird, genauer anschauen.

(wie man mehr aufmerksamkeit vom hund erhalten und die kooperationsbereitschaft fördern kann, das behandeln wir demnächst im brandneuen webinar „orientierung am menschen – aufbauen und fördern“, für das du dir gleich hier deinen platz reservieren kannst (kostenfrei):

auf jeden von uns strömen jederzeit unzählige reize ein.
die können wir gar nicht alle verarbeiten, ohne irre zu werden.
unser gehirn wählt daher aus, welche wahrnehmungen und reize wie intensiv wahrgenommen werden
und versucht dabei, allen essentiellen dingen vorrang zu geben und alles unwichtige auszublenden.

der filter, mit dem das geschieht, ist die aufmerksamkeit
und die wird nach einer klaren rangordnung an prioritäten verteilt:

1. überraschendes

klar auf platz eins steht dabei alles überraschende oder gar erschreckende.
das macht auch sinn:
wenn aus heiterem himmel plötzlich ein fremdes wesen auftaucht oder es einen lauten knall gibt,
gibt das eine unwillkürliche reaktion von jedem und wir widmen der überraschung unsere volle aufmerksamkeit.
es könnte ja etwas gefährliches sein, was da über uns hereinbricht, vor dem man sich in sicherheit bringen muss.

gegen eine unwillkürliche reaktion und ein erschrecken kann man nicht antrainieren.
(man kann höchstens die reizschwelle fürs erschrecken absenken, indem man auf einen generell niedrigen stresspegel achtet).
es macht also kaum sinn, dem hund irgendwelche signale zu geben,
wenn er grad völlig überrumpelt ist von etwas oder sich gar erschrocken hat.

fällt die reaktion etwas moderater aus und der hund ist „bloß“ überrascht,
hat man eher eine chance – allerdings erst, nach den ersten paar sekunden der wahrnehmungsverarbeitung.
der hund muss ja trotzdem noch rausfinden, was die überraschung für ihn nun bedeutet
und welche emotionen das bei ihm auslöst.

2. unerwartetes

ein unerwartetes geschehen oder etwas, mit dem der hund in diesem moment oder an diesem ort nicht rechnet,
steht an zweiter stelle der skala, nach der aufmerksamkeit vergeben wird.

unerwartetes ist nicht ganz so aufwühlend wie überraschendes.
die reaktion darauf verläuft daher deutlich milder.
so wie wir bei einer ufo-landung (überraschendes) anders reagieren würden,
als wenn wir jemandem begegnen, mit dem wir an diesem tag nicht gerechnet haben.

unerwartetes ist aber dennoch spannend.
allein schon, weil es die frage nach dem: „warum jetzt, warum hier?“ aufwirft
und die aufmerksamkeit damit zu tun hat,  das gegen andersläufige erwartungen trotzdem einzuordnen.

mit einem externen unerwarteten faktor um die aufmerksamkeit des hundes zu konkurrieren, kann immer noch sehr schwer sein.
andererseits können wir uns die regel auch für unsere eigenen zwecke zu nutze machen.

wenn der hund zum beispiel in einem bestimmten fall auf den normalen rückruf nicht mehr reagieren würde,
wirkt es oft wunder, wenn sein mensch plötzlich einen völlig frei erfundenen schlachtruf ausstößt.
das kommt so unerwartet und verblüffend für den hund, dass man sich damit seine aufmerksamkeit oft doch noch einfangen kann.
weil eben unerwartes allemahl mehr aufmerksamkeit erhält als altbekanntes.

3. neues

neue eindrücke beanspruchen den kopf nicht ganz so wie völlig unerwartetes,
weil man nicht gegen schon bestehende erwartungen oder denkmuster angehen muss (wie bei punkt 2).

trotzdem aber ist die wahrnehmung damit beschäftigt, das neue zu verarbeiten und einzuordnen.
das bindet klarerweise aufmerksamkeit, die der hund dann nicht wie gewohnt für den menschen aufbringen kann.
jeder hat schon mal erlebt, dass der hund in einer völlig neuen umgebung viel schwerer ansprechbar ist
als auf den gewohnten spaziergeh-routen.
oder sogar, dass er auf dem hinweg abgelenkter ist als auf dem heimweg – wo er schon alles untersucht hat und wieder auf vertrautem boden unterwegs ist.

trifft man mit dem hund auf neues, ist es am klügsten,
ihm mal kurz zeit zum wahrnehmen zu lassen,
bevor man wieder aufmerksamkeit von ihm verlangt.

mit gutem aufmerksamkeitstraining lässt sich der hund auch in neuen situationen noch gut ansprechen.
ein wirklich toll funktionierendes aufmerksamkeitssignal zum beispiel funktionert auch bei neuem noch,
weil der hund dabei nicht mehr groß nachdenken muss, sondern automatisch darauf reagiert
und weil ihm neues noch genug bandbreite dafür lässt.

4. wichtiges

die letzte kategorie, die aufmerksamkeit bekommt, ist schließlich alles wichtige.
unwichtiges und belangloses wird nämlich ohnehin ausgeblendet.

als bezugsperson des hundes sind wir bis zu einem gewissen grad automatisch in der kategorie wichtiges –
nämlich dann, wenn der hund grade sozialen rückhalt braucht oder irgendwas konkret von uns möchte.
das ist klarerweise nicht immer der fall und je eigenständiger und sicherer der hund ist,
desto weniger „braucht“ er im alltag den menschen.

da muss dann die grunderziehung mit ein paar gut aufgebauten signalen greifen.
man könnte es auch so sagen: der job des menschen in der grunderziehung besteht darin,
dem hund einige dinge als wirklich wichtig und für ihn bedeutsam beizubringen, die wir menschen haben wollen.

wenn das rückruf-signal eine tolle form der belohnung angekündigt, ist es selbstverständlich wichtig.
wenn die orientierung am menschen sich als beste strategie für schwierige situationen herausgestellt hat, ist das dem hund klarerweise auch wichtig. und so weiter…

fazit

wenn wir vom hund aufmerksamkeit fordern oder gar erwarten,
müssen wir uns vor augen halten, dass die endlos ist und der hund sie nach den genannten regeln verteilt.
wir können uns ja immer überlegen, wie wir denn mit etwas unerwartetem aufmerksamkeit erreichen können
oder jedenfalls so wichtig sind, dass der hund uns und unsere signale gar nicht ausblenden möchte.

 

 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.