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by brigid

Oktober 30, 2022

hundeerziehung

hundeerziehung ist keine einbahnstraße.
mit dem spruch ist meist gemeint: beide enden der leine müssen was lernen.

doch da steckt noch mehr dahinter:
es kann durchaus vorkommen, dass beide enden der leine versuchen den jeweils anderen zu erziehen.

was wir menschen wollen, ist klar: dem hund das eine oder andere beibringen.
wir sollten nur nicht dem trugschluss aufsitzen,
dass nur wir erwünschtes verhalten herbeiführen und belohnen können.
so mancher hund kann das auch!
in gewissem rahmen jedenfalls.

nehmen wir nur drei beispiele.
übrigens alle live aus einem einzigen hundekurs,
soll heißen: häufig und weit verbreitet.

wer erzieht hier wen?

beispiel nummer eins: 
der mensch will mit dem hund ein stück an der leine gehen.
der hund liegt.
der mensch spricht den hund an und fordert ihn zum losgehen auf.
der hund bleibt liegen.
der mensch fordert ihn erneut auf.
der hund bleibt liegen.

hundeerziehung
der mensch hält dem hund ein leckerchen vor die nase und lockt ihn damit.
der hund steht auf, geht ein paar schritte.
dann bleibt er stehen und schaut den menschen an.
und ratet, was der tut?
genau: leckerchen vor die nase und weiterlocken.
folgsamer mensch! gut vom hund erzogen…

beispiel nummer zwei: 
der mensch versteckt dem hund ein leckerchen.
dann schickt er den hund los zum suchen.
der hund geht ein paar schritte, findet nicht gleich was,
bleibt stehen, dreht sich um und schaut den menschen an.
und der?
läuft brav los und zeigt dem hund die stelle, wo das leckerchen liegt.
wozu soll der hund sich anstrengen, wenn er eine/n assistenIn dabei hat?

beispiel nummer drei: 
der hund soll sitzen und bleiben.
der mensch geht ein stück weg,
der hund steht auf und rückt ein paar meter hinterher,
worauf der mensch sofort stehenbleibt,
sich zum hund umdreht, ihm das signal nochmal gibt –
der hund setzt sich daraufhin dort, wo er grad ist, wieder hin –
dann geht der mensch erst weiter.
der hund steht wieder auf und geht hinterher –
das selbe spiel wiederholt sich.
der abstand zwischen hund und mensch wird nie viel größer,
der mensch verlässlich durchs aufstehen dazu gebracht,
sicher erneut seinem hund zuzuwenden, statt noch weiter weg zu gehen.
voila! gut erzogen!

was wird grade belohnt?

es kann natürlich immer sein,
dass eine bleib-übung  falsch aufgebaut wurde oder den hund grad überfordert,
dass ein suchspiel zu schwer war und der hund aufgibt
oder der hund schon völlig ermüdet ist und nicht mehr gehen mag.
doch selbst dann sollte man immer mitbedenken: was belohn ich eigentlich grade?

es muss uns klar sein:
jedes ansprechen, jedes nochmal gegebene signal,
jede zuwendung und jede hilfestellung,
jede korrektur oder jedes anspornen und locken –
es ist alles aufmerksamkeit und belohnung.
und zwar für genau das, was der hund in diesem moment macht.

wenn der hund stehen bleibt und nicht weitergeht,
dann ist das nächste wort oder das locken mit futter eine belohnung fürs stehen.

wenn der hund nicht sucht, sondern statt dessen seinen menschen anschaut,
dann ist die „hilfe“ die belohnung fürs aufhören mit suchen.

wenn der hund aus dem bleib aufsteht und mit nochmaligem signal korrigiert wird,
ist das die belohnung fürs hinterhergehen.

und so weiter.
da lassen sich zahllose beispiele finden.

was ist die lösung?

abhilfe kann man schaffen,  indem man sich zwei fragen stellt
und die genau und (selbst)kritisch beantwortet.

nämlich erstens: was macht der hund in exakt dem moment,
wo ich mich ihm zuwende, ihn anspreche, ihm ein keksi anbiete?

und zweitens: ist das das verhalten, das ich haben will oder nicht?
wenn nein, dann sollten wir die belohnung ganz rasch einstellen.

wenn ja, ist alles gut.
denn der trick in der hundeerziehung besteht ja immer darin, das richtige zu belohnen.
das erfordert allerdings einiges an übung vom menschen.
den fokus aufs positive zu richten, statt fehler zu korrigieren,
fällt uns anfangs gar nicht so leicht.

drum ist das clicker-training so eine tolle sache:
es hilft uns menschen, den schalter im kopf umzulegen und das richtige zu belohnen (rechtzeitig!)
und bietet dem hund gleichzeitig tolle geistige auslastung.

denn da darf man immer nur in genau dem moment clicken und belohnen,
wenn’s der hund grad richtig macht.
da darf er dann gern auch meinen, er erzieht uns grade dazu, zu clicken, weil er dies oder jenes macht…

 

 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.