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by brigid

November 1, 2020

online hundeschule

wenn der hund sich auf den rücken dreht, ist das ein klares zeichen von unterwerfung, oder?
oder aber er will am bauch gestreichelt werden, wenn er es mitten beim kuscheln macht.

hmmm…..

das ist nicht mal die halbe wahrheit.
das drehen auf den drücken ist viel vielschichtiger,
darum muss man auch genau hinschauen, damit man es nicht falsch versteht.
es kommt wie immer auf die feinheiten der körpersprache an.

(genaueres zur körpersprache in den  verschiedensten lebenslagen gibt es übrigens demnächst bei kostenlosen webinar „hunde richtig „lesen“ und besser verstehen“, zu dem du dich gleich hier anmelden kannst:

 

wenn der hund sich auf den rücken dreht, dann muss man zumindest auf folgende einzelheiten achten:
– wie locker oder angespannt ist die muskulatur dabei
– dreht der hund den kopf dabei zur seite
– wie ist die blickrichtung
– wie ist die position der ohren
– wie ist die position der rute
– werden die vorderbeine still gehalten
– werden die hinterbeine still gehalten

da gibt es also einiges zu schauen!

online hundeschule

je nach situation und je nach ausdruck des hundes in seiner position in rückenlage, kann diese körperhaltung unterschiedliches bedeuten.

die „unterwerfung“

wirft ein hund sich bei einer begegnung oder interaktion mit einem anderen auf den rücken, dann bezeichnet man das landsläufig als „unterwerfung“. ein etwas merkwürdiger begriff, wie ich finde.
es haftet ihm ein schaler beigeschmack von dominanztheorie und einem ausdruck von schwäche an.
so nach dem motto: der triumphierende dominante hund betritt die arena,
die schwachen würstchen werfen sich ihm zu füßen und zeigen als zeichen ihrer „unterwerfung“ den bauch.

das greift viel zu kurz.
schauen wir uns das ganze mal genauer an.

betritt ein souveräner und sicherer hund die bühne,
dann muss sich keiner unterwerfen.
er pöbelt nämlich keinen an und bedrängt niemanden.
also muss ihm auch keiner signalisieren, dass er eh kein attentat gegen ihn plant.

auf den rücken wirft sich ein hund vor einem anderen in 3 verschiedenen situationen:

1. beim spielen und rangeln
im spiel gelten immer andere regeln, da hat das mit unterwerfung gar nichts zu tun, ganz normales spiel also.
(wenn nicht immer der selbe hund unten liegt, runtergedrückt wird und gar nicht mehr hoch kommt. dann passen die spielpartnerInnen (nicht mehr) zusammen und man sollte einschreiten).

2. als zeichen von unsicherheit
fühlt ein hund sich vom anderen überfordert,
hat er angst oder ist unsicher mit hunden (oder diesem speziellen),
dann kann sich die unsicherheit im extremen fall dadurch ausdrücken,
dass der hund sich auf den rücken wirft.
die stumme botschaft dahinter: „bitte tu mir nichts, ich bin völlig ungefährlich“

die spannende frage ist dabei immer:
hält der unten dann wirklich still und beweist seine „ungefährlichkeit“
oder hält nur das vorderende still und die hinterbeine treten den obenstehenden hund.
was erklärt, warum der obenstehende hund die „unterwerfung“ nicht immer akzeptiert und dann ruhe gibt!

3. gechilltes runterbremsen
es gibt auch hunde, die sich ohne große unsicherheit vor dem anderen auf den rücken werfen.
wenn ihnen einer zu stürmisch kommt oder zu wild wird,
dann werfen sie sich einfach auf den rücken – und zwar ziemlich entspannt –
weil sie gelernt haben, dass sie dann in ruhe gelassen werden.
übersetzen könnte man das mit einem „mach mal (sehr viel) langsamer“

das passiert häufig, wenn ein spiel zu wild wird oder eine begrüßung zu stürmisch ausfällt.
es ist eigentlich ein zeichen von sozialer kompetenz, wenn der (meist noch eher junge hund) auf den rücken schmeißt,
wenn sein soziales repertoire oder sein wesen ein standfestes, ruhiges runterbremsen und beschwichtigen des anderen noch nicht beinhalten.
ein merkmal von schwäche ist das jedenfalls nicht.

wie bereitwillig ein hund sich auf den rücken wirft oder aber stattdessen zur abwehr übergeht und den anderen mit verbellen oder abwehrschnappen im schach zu halten versucht, hängt vom hundetypus und seinen erfahrungen ab.
konfliktfreier durchs leben kommen jedenfalls die, die sich bereitwillig auf den rücken werfen, um einen konflikt zu vermeiden.

wie sieht die sache nun aus, wenn der hund sich vor dem menschen auf den rücken wirft?

das bauch kraulen

wenn ein mensch den hundebauch vor sich sieht, wirkt das auf manche wie eine unwiderstehliche einladung zum bauchkraulen.
was es in den seltensten fällen ist!

die ursprüngliche botschaft des verhaltens,
nämlich das „tu mir nix“ oder „mach mal langsam“,
gilt auch dem menschen gegenüber.
es lohnt sich also, auch hier gut zu schauen, womit man es zu tun hat:

1.  rückenlage beim spielen oder schlafen
bei (hoffentlich nicht zu wilden) rangelspielen mit dem menschen landet der hund schon auch mal auf dem rücken,
genau wie beim rangeln mit hunden. kein thema.
und wenn ein hund in rückenlage schläft (ja, das gibt es!), ist das logischerweise auch kein problem.

2.  zeichen von unsicherheit
unsichere oder ängstliche hunde werfen sich auch vor dem menschen auf den rücken,
wenn ihnen etwas zu viel wird.
das kann entweder ein ängstlicher hund sein, der sich vor bestimmten menschentypen fürchtet –
vor allem, wenn die ihm noch dazu an den leib wollen („streicheln“ nennt unsereiner das fälschlicherweise).
das kann vom ducken und sich halb zur seite legen bis zum ganz auf den rücken werfen
(im extremfall mit angstpieseln) gehen.

beim eigenen hund (meist einem unsicheren mit vorgeschichte) sieht man das am ehesten
beim anleinen, beim brustgeschirr anziehen oder unangenehmen pflegehandlungen,
auch hier dann häufig in der eher angedeuteten form.
in jedem fall signalisiert der hund damit ein „tu mir bitte nix“,
und fein wäre es, wenn daraufhin die bedrängung aufhört und man eine behutsamere art findet
oder mit etwas mehr üben das thema entschärfen kann.

3. das bauchkraulen
wenn wir grad am kuscheln und streicheln des hundes sind
und er dreht sich auf den rücken,
ist besondere vorsicht geboten.
das heißt in der mehrzahl der fälle eben nicht „streichle mich am bauch“,
sondern signalisiert einem, dass dem hund das streicheln etwas zu intensiv und zu viel wird.

der einfache test:
dreht sich der hund beim streicheln auf den rücken, dann mal kurz aufhören.
holt sich der hund dann mit der pfote die menschenhand wieder oder stupst einen auffordernd an,
dann will er tatsächlich am bauch gekrault werden.
tut er das nicht, dann war ihm das streicheln schon zu viel.
dann einfach aufhören und ein andermal wieder ein wenig kuscheln.

wenn der hund sich vor dem menschen auf den rücken wirft, hat das also ebenfalls nichts mit „unterwerfung“ oder rangordnung oder sonstigem zu tun. wir müssen viel mehr schauen, was der grund für seine unsichere reaktion ist, ob es eine bestimmte bewegung von uns ausgelöst hat oder was sonst der trigger ist. und natürlich geht es dann darum, diesen trigger zu entschärfen und dem hund die unsicherheit zu nehmen.

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.