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by brigid

September 17, 2023

unerwünschtes verhalten beim hund

am besten funktioniert gegen unerwünschtes verhalten, den hund schon VORHER für das erwünschte verhalten zu belohnen, wie wir das letzte woche im blog behandelt haben.

doch was tun, wenn man zu spät dran ist und auch diesen goldenen moment verpasst hat?

das passiert ja leider gelegentlich.
den hund nun zu strafen, dass er was falsch macht, ist keine option
(und macht auch lerntheoretisch keinen sinn).

oder man hat dem hund noch gar nicht „erklärt“, also ihm nicht beigebracht,
was das richtige verhalten wäre und er macht ganz spontan irgendetwas unerwünschtes
und wir kommen erst nun drauf, dass hier ein defizit besteht.

dazu übrigens gleich ein hinweis: wie man in der hundeerziehung dem hund beibringen kann,
das erwünschte verhalten von sich aus an den tag zu legen, das ist gegenstand der demnächst startenden fünfteiligen video-tipps „freiwillig das richtige“, die du gleich hier anfordern kannst (kostenlos):

doch erst mal stehen wir da und haben den moment verpasst,
der hund rennt bereits bellend zum zaun, zieht schon kräftig an der leine zum andern hin oder springt am menschen hoch, kaum dass der einen fuß über die schwelle gesetzt hat.

was nun?

dazu erst mal ein kleiner erläuterung aus hundesicht.
der hund funktioniert nach einer recht simplen abfolge aus „impuls – handlung – konsequenz“.
was im prinzip so einfach klingt, führt in der praxis allerdings zu recht komplexen lernmustern.

entscheidend fürs lernen ist dabei, welche konsequenzen der hund mit einer handlung erreicht.

was sind konsequenzen?

eine „konsequenz“ ist dabei alles, was
a) unmittelbar nach der handlung passiert
b) der hund als damit in verbindung stehend wahrnimmt.

damit ein lerneffekt eintritt, ist es in der regel nötig,
dass eine handlung mehrfach die selbe konsequenz mit sich bringt.

theoretisch könnte ja der hund zum beispiel an einem baum hochspringen
und rein zufällig fällt dabei ein apfel aus dem baum (und der hund freut sich).
er könnte nun natürlich glauben, dass er den apfel mit dem hochspringen am baum hervorgezaubert hat.
doch dazu müsste das ein paar mal hintereinander passieren und das ist eher unwahrscheinlich.

springt der hund jedoch an einem menschen hoch
und der wendet sich ihm daraufhin zu und spricht ihn an,
ist die wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass das auch beim nächsten mal hochspringen passiert
und auch danach wieder und wieder.
der hund zieht daher völlig zurecht die schlussfolgerung, dass er mit seinem hochspringen das ansprechen hervorrufen kann.
die ansprache ist dann die konsequenz für die handlung hochspringen.

was der hund lernt, hängt nun davon ab, ob er die konsequenz als angenehm oder unangenehm empfindet.
führt eine handlung zu etwas, was er unter der rubrik „erfolgreich“ verbucht, macht er das natürlich wieder.
je öfter er damit erfolg hat, umso nachhaltiger ist der lerneffekt und desto begeisterter macht er das wieder.

erlebt er eine konsequenz als misserfolg, lässt er die handlung wieder bleiben.
es bringt ja nichts, also wozu energie investieren.
oder er handelt sich damit schmerzhafte oder extrem unangenehme konsequenzen ein,
die will er natürlich nicht nochmal riskieren.

ungewollte erfolge verhindern

das wichtigste aus unserer sicht ist nun,
dass der hund mit seinem unerwünschten verhalten – wenn es denn passiert ist –
nicht auch noch erfolg hat.

wir müssen also – so weit wie möglich – die konsequenzen steuern,
die auf das verhalten des hundes folgen.

was übrigens deutlich schwieriger ist,
als vorher schon das verhalten des hundes in die richtige bahn zu lenken.
die strategie „konsequenzen kontrollieren“ ist daher immer nur für den notfall gedacht
und kann den schaden nur minimieren, aber nicht ganz vermeiden.

es stehen uns dabei nämlich nur drei möglichkeiten zur verfügung,
wie wir für den hund als „erfolgreich“ verbuchte konsequenzen kontrollieren können:

1. nicht reagieren

das erste ist unsere eigene reaktion auf das verhalten des hundes.
da wir ja der wichtigste mensch im leben des hundes sind, zählt unsere reaktion besonders.
jede form von zuwendung und aufmerksamkeit verbucht der hund jedenfalls als erfolg.
auch wenn wir ärgerlich werden, schimpfen, kommandos erteilen oder den hund wegzerren.

nicht zu vergessen: unsere emotionen und unsere innere anspannung übernimmt der hund gleich mit.
auch sie können als konsequenz abgespeichert werden oder jedenfalls wirken,
als würde man öl in das feuer einer eh schon angespannten situation gießen.

im klartext heißt das: ja nichts sagen, den hund nicht mal anschauen,
nicht verärgert nach luft schnappen, sich kommandos verkneifen, usw.

lässt sich eine reaktion nicht ganz vermeiden, weil man den hund sichern
oder daran hindern muss, sich in was völlig reinzusteigern,
dann heißt es: so nebenbei, so schweigsam und so ruhig wie möglich!

wie groß unser eigener einfluss ist, das sieht man gut am beispiel von leinenpöbelei:
wenn der im freilauf mit anderen hund gut verträgliche hund an der leine ausflippt bei hundebegegnugen,
ist das einzig und alleine hausgemacht.
die falschen konsequenzen(= unsere reaktion) fürs falsche verhalten sind daran schuld.

allerdings beschränken sich die konsequenzen nicht auf die reaktion des eigenen menschen.
da gibt es ja auch noch die umwelt…

2. nicht hinlassen

wenn wir vermeiden wollen, dass die umwelt – also die anderen menschen und die anderen hunde –
unserem hund ein erfolgserlebnis fürs unerwünschte verhalten bescheren,
dann hilft in der regel nur eins:

nicht hinlassen.

da wir andere menschen und deren hunde ja schlecht vorher erziehen
und ihnen das richtige verhalten unserem hund gegenüber beibringen können,
bleibt uns nur, die situation zu managen
(und für die zukunft unseren eigenen hund besser darauf vorzubereiten).

die faustregel ist dabei: je näher der andere ist und je mehr interaktion es mit meinem hund gibt,
desto mehr positive konsequenzen erlebt der für sein unerwünschtes verhalten.

daher muss man die anderen unbedingt auf abstand halten.
indem man erstens den eigenen hund an ort und stelle festhält –
also ihn trotz allem zerren an der leine nicht noch näher zu den anderen hinlässt –
und zweitens den anderen menschen (mit ihren hunden) schon auf große entfernung zuruft,
dass sie einem bitte vom leib bleiben mögen.

nur so kann ich verhindern, dass der hund der in der leine hängt,
sich noch belohnt fühlt fürs ziehen, weil er dem anderen hund immer näher kommt,
oder dass ein anderer spaziergänger oder eine besucherin meinen hund noch fürs hochspringen belohnt.
kommt mein hund erst gar nicht so nah ran, kann ich zumindest den größten brocken an erfoglserlebnis vermeiden.

3. nicht wiederholen

und dann muss ich vor allem für eines sorgen:
dass sich die situation und das unerwünschte verhalten nicht gleich wiederholen!

ein lerneffekt tritt ja in der regel erst dann ein,
wenn eine handlung des hundes mehrfach die selbe konsequenz gehabt hat.

dazu soll es gar nicht erst kommen.

man muss sich also gleich fürs nächste mal einen plan überlegen,
wie das unerwünschte verhalten entweder gar nicht erst auftritt
oder aber keine erfolgreichen konsequenzen hat.

neben den langfristigen maßnahmen (training) zählen dazu auch kurzfristig nötige (management),
doch dazu dann mehr nächste woche im blog.

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über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.