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by brigid

März 11, 2017

jedesmal, wenn ein neues pferd in den stall kommt, ist die frage: wie klappt die herdenintegration wohl am besten?

da kommen natürlich viele faktoren zusammen:

  • wie sozial verträglich und kompetent ist das neue pferd?
  • wie gut zusammengestellt und harmonisch ist die bestehende herde?
  • gibt es in der bestehenden herde einen „mobber“?
  • usw.

und vor allem: wie läuft die herdenintegration ab?

da kann nämlich einiges schief gehen, verletzungsgefahr inklusive!

drum sollten zumindest die folgenden 3 dinge unbedingt beachtet werden, damit es für alle beteiligten – pferd wie mensch – möglichst konfliktfrei und harmonisch abgeht.

1. stabile herde

wenn du einen neuen stall auswählst, in den du mit deinem pferd übersiedeln magst, sollte die herdenzusammensetzung eins der auswahlkriterien sein.

nimm dir etwas zeit und beobachte die pferde dort:

  • gibt es eines, das andere immer anstänkert?
  • gibt es eines oder gar mehrere, die sich immer am rand der gruppe halten?
  • dürfen alle zum futter hin?
  • ist eines dabei, das zu den anderen grob oder gar aggressiv ist?
  • macht die gruppe insgesamt einen friedlichen und ruhigen eindruck?

mach dir nicht zuviele gedanken über den „rang“ eines tieres – was in der einen gruppe als „rangnieder“ gelten kann, ist in der anderen gruppe vielleicht ganz weit oben im „rang“ (ist mir in einem stall bereits passiert).

aber frag dich, mit welchen pferdetypen dein pferd am besten auskommt, welche sozialpartner es braucht und ob es womöglich dauerhafte konflikte geben könnte. das kommt ja auch viel aufs pferd an!

2. ruhiges ankommen lassen

das neue pferd hat den größten stress – schließlich ist grad alles neu!

es hat sein gesamtes gewohntes umfeld verloren, womöglich pferdefreunde zurückgelassen und findet sich nun allein in der fremde.

es braucht erst mal zeit, hier „anzukommen“, alles zu verarbeiten und sich an diese neue umgebung zu gewöhnen.

da hat es nicht die nerven, sich gleichzeitig auch noch in die komplexe struktur eines herdenverbands einzufügen.

das neue pferd braucht also einen separaten integrationsbereich, in dem es mal zur ruhe kommen kann.

dieser integrationsbereich sollte so gestaltet sein, dass es die anderen pferde nicht nur sieht, sondern über den zaun oder die absperrung hinweg auch mit ihnen kontakt haben und sie beschnuppern kann.

so kann man sich schon mal ein stück weit aneinander gewöhnen und die ersten kontakte knüpfen.

wichtig ist, dass die integrationsphase lange genug dauert!

nur mal 1-2 tage separat aufstallen, ist viel zu kurz und reicht noch nicht mal, um den stress des transports abzubauen.

in den meisten fällen lässt man das neue pferd daher erst mal eine woche im integrationsbereich, bevor es in die herde kommt. das ist jedenfalls schon mal viel besser.
(auch wenn es für den stallbetreiber schon einigen mehraufwand bedeuten kann.)

die besten erfahrungen hab ich allerdings mit 3 wochen eingewöhnungszeit gemacht.

ja, drei wochen!

gab es nach einer woche noch das häufige herumscheuchen und „rangordnung“ testen zwischen zumindest dem herdenchef und dem neuankömmling, so war danach nach drei wochen eingewöhnung nichts mehr zu bemerken.

das pferd spazierte einfach in die gruppe, wurde beschnuppert, fertig.
alle wandten sich wieder friedlich ihrem heu zu.

wenn es also irgend geht, vereinbar einen längere integratiosnphase für dein pferd im neuen stall.

 

3. kluge integration

die hardcore variante von herdenintegration ist es, das neue pferd einfach gleich in die herde zu werfen und zu hoffen, dass nichts passiert.

das ist das gegenteil von kluger integration.
(wenn auch viel zu oft noch so praktiziert!)

kluge integration heißt:  das pferd so in die herde einführen, dass alles friedlich und harmonisch abläuft.

so wie es freilebende pferde auch tun würden.

da stürmt auch nicht ein neuer einfach mitten in die gruppe und lässt sich erst mal rumscheuchen oder verprügeln, um bleiben zu können.

nein, der neue drückt sich erst in der entfernung rum, dann immer ein stückchen näher bis an den rand der gruppe.
dann wird er erst mal vom leittier abgecheckt und darf dann meist in die herde hinein.

neben einer langen integrationsphase können wir das in noch einem weiteren punkt nachahmen:

das neue pferd wird erst mal dem herdenchef oder der herdenchefin alleine vorgestellt.

das hat auch noch einen ganz praktischen grund: wenn es in der herde „mitläufer“ gibt, also solche, die es dem leittier nachmachen und dann auch den neuen jagen würden, dann kann das ungemütlich werden.

einem allein kann sich ein neues pferd mit ausreichend platz noch gut entziehen und signalisieren, dass es keinen konflikt will. gehen aber 2 oder 3 gegen eines los, dann ist es schnell mal in die ecke getrieben und kann sich nur noch aktiv wehren… und schon geht die keilerei los.

wenn es mit dem herdenchef oder der herdenchefin mal geklärt und der neue akzeptiert ist, ist der rest meist recht einfach.

besonders dann, wenn eine wiese zur verfügung steht :-).

frisches gras fressen ist meist spannender, als lange einem anderen pferd nachzurennen.

aber achtung: das heißt nicht, das auch alles so harmonisch bleiben muss, wenn man die pferde von der graskoppel wieder reinholt. gibt es dann beschränktes futterangebot – zum beispiel nur an einer stelle in einer heuraufe – kann es schon passieren, dass der neue da erst mal nicht hindarf oder es zu einigen unfreundlichen gesten kommt.
also mehrere futterstellen anbieten!

kleiner zusatztipp: pferde bekommen natürlich genau mit, ob rund um sie viel aufregung herrscht – zum beispiel von den menschen, die aufgeregt die herdenintegration verfolgen – und übernehmen diese aufregung dann gern. also selber auch ruhig bleiben :-).

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.