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by brigid

Mai 10, 2020

online hundeschule

hundeversteher – und viel öfter noch hundeversteherin – beschreibt jene menschen, die ein besonderes „händchen“ für hunde haben.
ihre einfühlungsgabe und ihr verständnis dafür, wie hunde ticken, zeichnen sie aus und ermöglichen ihnen, mit hundern besser und leichter zurecht zu kommen als der durchschnitt.

früher nannte man sie auch „hundeflüsterer“.
der begriff kam durch die diversen TV-trainer und ihre brutalo-methoden tüchtig in misskredit.
außerdem ist er eigentlich falsch:
denn in erster linie geht es nicht darum, dem hund zuzubrüllen oder eben zuzuflüstern, was er tun soll.

nein. zuerst geht es darum, den hund zu verstehen.
also zuhören. beobachten. einfühlen.
erst kommt das verstehen, dann erst das erziehen.

wie wird man aber zur hundeversteherin?
online hundeschule

liegt es an der erfahrung?
einerseits ja, denn je mehr unterschiedliche hunde man kennen gelernt hat, desto breiter wird das eigene spektrum.
andererseits nein, denn sonst müsste jeder alte trainer-haudegen, der seit 50 jahren hunde mit druck und strafe erzieht, ein hundeversteher sein.
was er nicht ist.

liegt es am talent?
ich weiß nicht recht. kommt drauf an, was man unter talent versteht.
wenn man offenheit, respekt und die fähigkeit, die bedürfnisse anderer lebewesen anzuerkennen, als talent definiert, dann ja.
es ist aber mehr einstellung und persönlichkeit, als talent.
also nichts angeborenes, von den göttern/dem schicksal oder sonst wem geschenktes.

liegt es am wissen?
wissen alleine ist nicht alles.  schließlich kennen wir alle jemanden, der einem wortreich abhandlungen über hundeerziehung halten kann,
und der trotzdem mit dem eigenen hund nicht zurecht kommt.
es soll sogar hundeforscher geben, die sich mit denkfähigkeiten und verhalten von hunden intensiv beschäftigen, die aber mit dem eigenen hund an der leine nicht rasend logisch oder freundlich umgehen.

ganz ohne wissen geht es andersrum natürlich genauso wenig.
nur das „gefühl“ für den hund hat schon zu furchtbaren missverständnisse geführt,
die zu lasten des unverstandenen hundes gingen.

das nötige wissen ist die grundlage fürs hundeverstehen.
das schöne: das kann man sich relativ rasch aneignen und praktisch erproben.
es braucht auch kein jahrelanges studium und keine bibliothek an hundebüchern!
denn im prinzip reichen die folgenden drei schritte:

1. hunde lesen

wer einen hund verstehen und ihm „zuhören“ möchte,
braucht als erstes ein solides verständnis des ausdrucksverhaltens von hunden.

körpersprache und mimik des hundes verraten unglaublich viel darüber,
wie es ihm geht, was ihn bewegt und was er möchte.

duckt er sich zum beispiel,
– weil er angst hat?
– weil er sich anpirscht?
– weil er beschwichtigt?
die details seiner körperhaltung lassen das auf einen blick erkennen.
vorausgesetzt, man weiß, worauf man achten muss.

denn einige ausdrucksweisen sind leicht mit anderen zu verwechseln.
freude und stress oder souveräne versus unsichere beschwichtigung kann man nur dann auseinanderhalten, wenn man genau schaut.

mein tipp: 
sich erst solide grundlagen der hundesprache aneignen
und dann viele hunde beobachten, um das theoretische wissen praktisch anzuwenden.
am besten videos im hundepark schießen und zuhause in ruhe analysieren.

2. verhalten einschätzen

beim hundeverhalten unterscheiden wir meist nur:
ist es etwas was wir haben wollen oder nicht?
das ist natürlich kein kriterium, das viel über den hund verrät – außer, wie weit die erziehung schon gediehen ist.

die erste frage, die man sich in sachen verhalten stellen sollte, ist eine ganz andere:
ist das ein „normales“, also artgemäßes verhalten?
hunde jagen nun mal, sie bellen, sie buddeln, sie wälzen sich in allem möglichen.
das sind alles verhaltensweisen, die in der hundenatur liegen – auch wenn wir sie fürs zusammenleben mit uns menschen modifizieren müssen.

andererseits können verhaltensweisen überschießend sein, exzessiv ausfallen und damit problematisch für den hund werden.
es ist nämlich nicht normal, beim anblick eines anderen hundes jedesmal völlig auszuflippen oder beim alleinbleiben stundenlang zu bellen.
mit solchen problemen darf man den hund keinesfalls alleine lassen.

die zweite frage geht etwas mehr in die tiefe.
schließlich sollten wir auch verstehen, welches verhalten der hund gerade an den tag legt.
wenn ein hund rennt oder bellt oder springt, können das ja ganz unterschiedliche dinge sein.

bleiben wir beim beispiel rennen.
rennt er einfach seine spielrunden in den „verrückten 5 minuten“?
stellt es hetzverhalten dar, das durch eine schnelle bewegung ausgelöst wird?
oder rennt er vielleicht gar nicht wirklich, sondern hat unterwegs ein sehr hohes grundtempo im trab?

mein tipp:
am besten beschreibt man zuerst das verhalten in möglichst nüchternen worten.
und erfasst auch gleich mit, wie oft und bei welcher gelegenheit es stattfindet.
damit bekommt man ein realistisches bild, das nicht von eigenen emotionen oder der eigenen genervtheit verfälscht ist,
und kann es daher besser einordnen.
es macht nämlich einen unterschied, ob der befund lautet „ich kann das nervige gekläffe nicht mehr hören“
oder „der hund schlägt immer beim türklingeln kurz an“.
beim zweiten satz weiß ich nämlich, dass es durchaus artgemäß ist, ich kenn den genauen auslöser und kann daher mit gegen-maßnahmen beginnen.

3. motive verstehen

ein wichtiger aspekt jeden verhaltens ist natürlich das motiv dahinter.
was treibt den hund dazu an, das eine oder andere zu tun.

bei den motiven haben wir die bandbreite von angeborenen eigenschaften, aktuellen emotionen, lerneffekten und  momentanen absichten zu berücksichtigen. das ist etwas komplexer, daher gibt es  vertiefende informationen zu diesem punkt demnächst im (kostenlosen) webinar: „wieso macht er das? wie hunde wirklich ticken“, zu dem du dich gleich hier anmelden kannst:

die motive sind der punkt, wo wir uns am öftesten irren.
wir unterstellen dem hund motive – dass er zum beispiel was macht, um uns zu ärgern.
wir greifen immer auf das selbe motiv zurück – dass der ursprünglich ängstliche hund immer alles aus angst macht.
oder wir raten herum, wenn wir im unklaren sind – vermutlich bellt er, weil er mich „beschützen“ will.

da gerät uns schon mal die menschliche perspektive in die quere und wir übertragen unsere wünsche oder bilder auf den hund.
es klingt halt schmeichelhafter, wenn der hund zum „beschützen“ bellt, als sich einzugestehen, dass man sich einen leinenpöbel herangezogen hat.
und man sieht leichter ein „schlechtes gewissen“ beim hund, der grade was angestellt hat, als eine verängstigte reaktion auf das eigene verhalten zu erkennen.

mein tipp: 
frag dich immer: was bringt dieses verhalten dem hund ein?
der macht das ja nicht ohne grund.
und wenn man rausfindet, was es dem hund bringt, ist man am schnellsten auf der richtigen spur.

ist man nach der lektüre dieser drei punkte automatisch hundeversteherin, wenn man bei allen dreien zustimmend genickt hat?
nicht unbedingt :-).
umsetzen muss man das alles ja auch können.
zum glück bieten uns unsere hunde tagtäglich viele gelegenheiten zum üben…

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.