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by brigid

Januar 18, 2015

hund kommt nicht

ja, da stehst du nun in der landschaft und rufst dir die seele aus dem leib, aber dein hund haut einfach ab…

dem anderen hund entgegen.
auf zum was-immer-fressbaren im gebüsch.
dem reh hinterher.
um nur mal ein paar der üblicheren zu nennen.
und das trotz deines vielen trainings!

was läuft da falsch? oder sind hunde einfach so?

gleich vorweg: es gibt natürlich unterschiede von hund zu hund, von typ zu typ, ganz klar! mein großer montey schaut nicht mal gelangweilt, wenn wildenten im bach sind. ach, wär maroni doch nur auch so! und nur weil ein bissl der sturm bläst, flattert bei maroni kein nerv, während mikado schon ein nervenbündel ist und ihre bisschen hart erworbene contenance mit dem wind wegflattern lässt.

aber.

aber natürlich gibt es gemeinsamkeiten auch!
vor allem bei uns menschen :-).

und hier sind mal die drei hauptgründe, die mir so tagein tagaus begegnen, warum denn der hund nun partout die ohren dann zuklappt, wenn es darauf ankommt.

1. sein impuls ist stärker als dein training.

weniger höflich könnte ich natürlich auch sagen:
dein training war noch nicht gut genug.
aber so unhöflich will ich doch nicht gleich zum einstieg sein.

allerdings passierts uns doch in aller regel so, dass wir bestimmte dinge unter bestimmten umständen trainieren:

– leinegehen in der hundeschule
– kommen auf ruf im garten oder wo wir uns sicher fühlen
– an futter am boden vorbeigehen, wenn wir darauf vorbereitet sind
– usw.

und weil alles so schön klappt, glauben wir oft, der hund kann schon alles. es fällt uns gar nicht auf, dass wir beim herkommen üben immer maximal 15 meter entfernung hatten und die hat der hund brav drauf. mehr aber nicht! 30meter oder 50meter sind da schon eine ganz andere geschichte, die hat der hund aber nie geübt!

oder wir üben brav das leinegehen. an unseren fixen übungsstrecken oder -plätzen. und die merkt sich der hund! dort geht er auch brav. aber sonst?!!! ich will euch gar nicht erzählen, wieviele hundesportler mir schon stolz erzählt haben, wie toll ihr hund an der leine arbeitet, während er sie mir die hoteltreppe runter fast vor die füße warf oder ihnen jenseits der türe des trainigsgeländes beinahe die schulter auskegelte.

der hund macht das aus zwei gründen:

erstens: er tut das, was er gelernt hat. nicht viel mehr. (und glücklich die leute, deren hund schnell mehr daraus macht!). und nur solange er halbwergs kann.

zweitens: jede übung erfordert ein gewisses mass an selbstbeherrschung und impulskontrolle. und manchmal ist der impuls einfach stärker! (ähm…kennen wir menschen natürlich gar nicht! schon mal versucht, rauchen aufzuhören oder abzunehmen oder so?)

wenn erstens und zweitens aufeinandertreffen, hat der hund eigentlich keine chance mehr!
grad ein bissl kommen im garten geübt und dann taucht am horizont ein stöckchenwerfender mensch mit dem besten hundekumpel deines vierbeiners auf? da kannst du dir das rufen sparen.

der impuls ist stark.
dein training war schwach.
der hund ist futsch.

das gute: er kommt ja wieder.
und du weisst jetzt, dass dein training weiter ausgebaut werden muss.
schrittweise. bis es auch den situationen gewachsen ist, die das leben euch so in den weg streut.

 

2. sein stress ist höher als du denkst.

nun hast du also mühevoll deinem hund (noch) mehr selbstbeherrschung beigebracht.
und dann kommt der stress und macht alles kaputt.

„mein hund hat aber gar keinen stress“, hör ich leider ein bisschen zu oft.
nicht weil die leute es nicht zugeben wollen, sondern weil man sich unter stress großes leiden vorstellt.
und der eigene hund leidet doch nicht!

und weil man den stress halt oft einfach nicht sieht, wenn man nicht genau schaut (und ihn – samt dem hund – täglich um sich hat).

fakt ist: stress ist nichts anderes als aufregung, der erregungspegel, unter dem dein hund steht. der kann vom fröhlichen toben mit spielgefährten stammen oder von der freude, dass du wieder nach hause kommst und ihn mit einem neuen quietschspielzeug überrascht, der ensteht sicher beim stöckchen-werfen und ballspielen. und er wird vom hundekörper immer dann produziert, wenn was neues auftaucht, er sich anstrengen muss, er angst oder wut hat, er sich in die leine stemmt und zieht, den nachbarshund verbellt….  die liste ist lang!

fakt ist auch, dass in unserer heutigen welt die hunde einfach viel aufregung ausgesetzt sind und daher oft unter chronischem stress stehen. der ist das eigentliche problem, weil er nicht von heute auf morgen wieder weg ist und das verhalten deines hundes maßgeblich beeinflusst.

er verändert nämlich die wahrnehmung des hundes, die konzentrationsfähigkeit und damit natürlich die aufmerksamkeit, die er für dich überhaupt noch aufbringen kann! denk nur mal dran, wie fahrig und unkonzentriert du unter stress bist!

wenn du gegen den stress wirksam etwas unternehmen willst, dann ist dafür der kurs „cooler hund“ genau richtig!

3. sein verhalten ist richtiger als es ausschaut.

und dann gibt es da noch die hunde, die sich an der leine gebärden oder austicken und hysterisch autos hinterherjagen – weil sie es genauso gelernt haben!

ja, du hast richtig gelesen!
sie haben gelernt, dass man das so tut.
dass das richtig ist. dass es so gewünscht wird.

natürlich nicht absichtlich. sondern versehentlich.
aber wie soll das der hund auch unterscheiden können!
da begrüßt man den heimkommenden menschen stürmisch und der beugt sich vor und jodelt „ja mei, so fein, da kommst du ja“. und alles ist gut.
und dann rennt man aus spaß und ein bissl aufregung ein stück am zaun entlang (wegen auto draußen oder so)
und der mensch beugt sich vor und jodelt“ ah nein, nein! da komm her, da“.
eben.

der hund nimmt die aufmerksamkeit (und nicht den genauen wortlaut).
und aufmerksamkeit = belohnung = das verhalten wird häufiger.
und ja, den tonfall könnte er unterscheiden, wenn’s ihm drauf ankäm.
was es nicht tut.
weil meistens jede form von aufmerksamkeit besser ist als keine.

und schon hat der hund etwas gelernt, was man ihm definitv nie absichtlich beigebracht hätte.

 

welcher der drei gründe – oder der möglichen anderen – es auch ist, der deinen hund unaufmerksam sein lässt….
eins kann ich dir garantieren: es gibt einen grund!
(und der hat nichts mit mangelndem respekt, fehlender liebe oder „der will mich verarschen“ zu tun).
man muss ihn halt finden, den grund mein ich.

und dann die ursache beheben. fair trainieren und ausreichend üben. einen entspannten alltag ermöglichen… und das leben mit dem hund auch dann genießen, wenn er mal genauso unkonzentriert ist wie unsereins :-).

 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.