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by brigid

April 25, 2021

online hundeschule

wer kennt nicht den moment, wo die aufregung beim hund sprunghaft steigt und es mühsam wird!
die aufregung hat ja nicht einen fixen pegel, sondern unterliegt schwankungen.
teils sogar großen schwankungen.

dadurch entstehen die „heißen 3 minuten“.
damit ist die anfangsaufregung gemeint, wenn sich plötzlich was verändert oder was aufregendes auftaucht.
da schnellt die aufregung richtig hoch.

was sinn macht: eine veränderung in der umgebung erfordert aufmerksamkeit vom hund.
er muss abchecken, was sich da tut.
er muss sich an die neue situation erst anpassen.
und erst, wenn er merkt, es passiert nichts böses und auch sonst nichts weiter aufregendes,
flaut die anfangsaufregung wieder ab und er beruhigt sich wieder (etwas).

das ganze wäre nicht weiter schlimm, wären da nicht drei phänomene:
erstens lernt der hund auch in  diesen heißen paar minuten laufend weiter
(meistens nichts besonders hilfreiches).
zweitens versucht der mensch grad in dem moment gern, den hund über signale zu steuern – die aber ins leere gehen
(und der hund lernt dabei, sie immer weiter zu ignorieren).
und drittens bietet der alltag oft keine auflösung der situation, der hund bleibt in der anfangsaufregung hängen – und lässt sich in seinem verhalten von der leiten.

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schauen wir uns das an hand von drei beispielen genauer an:

beispiel 1:  hundebegegnung

einen anderen hund zu treffen ist für fast alle hunde aufregend.
man muss den anderen mal abchecken und rausfinden, wie der drauf ist
oder aber die eigenen emotionen fahren hoch – egal ob freudig oder abwehrbereit.

wären dann ein paar minuten zeit, wo man sich aus sicherer entfernung beäugen kann,
oder vielleicht mit abstand ein stück nebeneinander her läuft,
dann würde die aufregung wieder sinken
und die begegnung viel entspannter abgehen.

viele unnötige konflikte unter hunden entstehen dadurch,
dass sie in der anfangsaufregung aufeinander prallen und mit dem nahkontakt in dem zustand überfordert sind.
schon drei oder vier minuten später wär alles anders gelaufen.

besonders deutlich sieht man das im begegnungstraining mit hunden, die an der leine pöbeln.
hat man in einer übungssituation erstmal diese ersten heißen drei minuten gut überstanden,
wird es plötzlich viel einfacher und der hund „benimmt“ sich vernünftig.

im alltag laufen begegnungen aber anders:
es gibt die anfangsaufregung und keine auflösung der situation.
man schaut, dass man die aufgeregten hunde irgendwie aneinander vorbei manövriert,
zeit für ein bisschen gewöhnen und wieder runter kommen bleibt nicht.
der hund assoziert: anderer hund steht für riesenaufregung (und sonst nichts):
deswegen haben viele solche probleme mit entspannten hundebegegnungen.

beispiel 2: aufbruch zum spaziergang

auch bei ganz alltäglichen ereignissen kann die anfangsaufregung zuschlagen.
zum beispiel beim aufbruch zum spaziergang.
da freut sich der hund und macht seiner begeisterung mehr oder weniger stürmisch luft.

das sorgt nicht nur für ungewollte action im vorzimmer,
sondern bringt noch ganz andere probleme: nämlich für die leinenführigkeit.
natürlich fällt es dem aufgeregten hund auf den ersten minuten des spaziergangs nicht leicht,
die leine schön locker zu halten.
der mensch versteht das ja auch und ist nachsichtig
(oder auch nur ein bisschen bequem, weil er ja auch möglichst rasch in den park oder ins grüne kommen will).

dummerweise bestimmt der auftakt aber das programm.
man kann sich das wie bei der waschmaschine vorstellen: die ersten schritte sind die auswahl des programms und das drücken des startknopfs. und dann läuft dieses programm ab.
stellt sich der hund auf den ersten metern auf leineziehen ein – und der mensch auch – dann läuft eben das programm leineziehen.
gelingt hingegen schon am anfang die auswahl des programms lockere leine, dann geht das auch für den restlichen spaziergang leichter.

immer vorausgesetzt der hund hat das gehen an lockerer leine verstanden und mit sinnvollem leinentraining aufgebaut.
nur die ersten paar meter dauernd stehenzubleiben bringt nichts.

beispiel 3: wenn besuch kommt

kommt besuch ins haus, dann erlebt nicht nur der hund heiße drei minuten.
auch für die menschen sind die ersten paar minuten nach der ankunft turbulenter als der rest.
alle strömen zusammen, auf engstem raum im vorzimmer,
begrüßungen, mäntel ausziehen, mitbringsel überreichen, …
ruhig geht es dabei selten zu.

und mitten drin der hund, bei dem die anfangsaufregung sowieso hochschießt.
wenn er dann noch springt oder bellt, ist das chaos perfekt.
der negative lerneffekt auch: die türklingel wird zum verlässlichen auslöser für ausflippen beim hund,
denn er hat ja schon gelernt, dass es dann mega aufregend wird.

vielleicht hat er sogar gelernt, dass die aufregung gar nicht wirklich aufhört:
weil viele menschen durcheinander reden und rennen,
weil klein und groß ihn knuddeln oder mit ihm spielen wollen
und weil die eigenen menschen ihn immer genervter alle paar minuten wieder auf seinen platz schicken.

um wieviel anders könnte das ablaufen,
wenn man zumindest dem hund die aufregenden ersten minuten ersparen könnte
und er in aller ruhe dazu kommt, wenn die menschen ihre anfangsaufregung wieder abgelegt haben.

in allen situationen, die plötzliche aufregung beim hund auslösen, sollte man daher folgendes überlegen:
– wie kann ich diese anfangsaufregung noch vergleichsweise niedrig halten?
– wie kann ich dafür sorgen, dass der hund nicht nur die anfangsaufregung erlebt?
– wie können wir die heißten drei minuten möglichst gut überstehen und dann zu einer positiven auflösung der situation gelangen?

die antworten darauf können je nach situation unterschiedlich ausfallen
(und nicht immer wird es ideal laufen können).
hauptsache man findet welche und macht sich ein paar gedanken dazu.

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.