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by brigid

Oktober 11, 2014

wenn dein hund kommt, wenn du ihn rufst, dann ist der wahre grund dafür:

du hast es ihm beigebracht!

wenn dein hund nicht gleich kommt, wenn du ihn rufst, dann hat auch das einen wahren grund:

erraten…

du hast es ihm beigebracht!

aber mein hund soll doch kommen, weil ich ihm wichtig bin! weil er mich liebt! weil sich das so gehört!
hör ich dich sagen (oder wenigstens ein bisschen denken).

hmmm….

ich erinnere mich noch, wie das war, als ich ein kind war. (ja, ich weiß, lange her 🙂 )
da kam ich von der schule heim, dann mittagessen. und dann wollt ich einfach mal kurz meine nase in ein buch stecken und meine ruhe haben.
ein bisschen freizeit! ein bisschen ruhe!

aber nein, ein paar minuten später ruft mich meine mutter. geschirr abtrocknen. oder wegräumen. oder sonst irgendwas lästiges an hausarbeit. oder meine sachen wegräumen. oder „hast du denn keine hausaufgaben“. oder…. ihr wisst, was ich meine.

nervig!

hab ich sie gehört? natürlich nicht. nicht gleich. im besten fall ein „jaja, gleich!“.

oder ich hab meine nase ganz fest im buch vergraben. und nichts gehört.
ich hab diese kunst so weit perfektioniert, dass ich TATSÄCHLICH nichts gehört habe.
man musste mich schon an der schulter rütteln, damit ich in die lästige realität jenseits meines buches zurückkehrte.

genau. so ein bissl wie ein terrier, der im mäuseloch buddelt. 🙂

lag es daran, dass ich meine mutter nicht geliebt hätte? dass sie mir nicht wichtig gewesen wäre? natürlich nicht.

es lag an genau zwei dingen:

1. schlechtes timing

das kommt dir sicher bekannt vor! schließlich lautet die regel auch beim hund: wenn er total abgelenkt ist und eh nicht kommen wird, ruf ihn erst gar nicht! einen terrier, der halb im mäuseloch hängt, kannst du in den wenigsten fällen daraus hervor rufen. (wenn doch, dann gratuliere! da habt ihr lange und gut trainiert! oder es ist doch kein terrier….)

ich meine: nach stundenlangem diszipliniert sein und fremdem willen unterworfen sein heimkommen und endlich mal ein bisschen pause haben wollen. und genau dann! ganz genau dann soll ich sofort wieder in die pflicht und womöglich auch noch freudig heraneilen.

geht nicht. geht gar nicht.

bei deinem hund auch nicht. wenn der nach irgendwelchen anstrengenden, konzentration erfordernden sachen wie langen strecken schön an lockerer leine dann endlich abgeleint wird und mit den hundekumpels spielen will – und noch bevor er wirklich dort ist, rufst du ihn?

mal ehrlich, würdest DU da kommen?

lass ihn erst mal 5 minuten spielen und bei der der ersten kurzen pause ruf ihn, belohn ihn üppig und lass ihn weiterspielen! schließlich soll er ja nicht lernen, dass der spaß sofort vorbei ist, wenn er kommt. dann merkt er sich das nämlich und kommt sicherheitshalber erst gar nicht! zumindest nicht, solange er noch lust am weiterspielen hat.

es sei denn, dein angebot ist attraktiver. damit wären wir bei punkt zwei:

 

2. falsches anreizsystem

genaugenommen hatte meine mutter gar keins.

eigentlich sogar eine art abstoßungs-system.

ich meine, welches kind findet hausarbeit so toll, dass es eifrig herangelaufen kommt, wenn es was besseres zu tun hätte?

ja, wenn meine mutter mich gerufen hätte mit „hallo, es gibt auch noch torte“. ja dann hätte ich mich schon von meinem buch losgerissen!

vermutlich auch, wenn nur die hoffnung auf torte bestanden hätte. weil ich hin und wieder zur torte statt zum abwasch gerufen worden wäre.
(ok, ich hätte vermutlich versucht abzuwägen, ob die chance auf torte besteht oder eh nicht und mein verhalten danach ausgelegt. wie halt ein hund auch).

aber immer NUR zur hausarbeit? was ist das den für ein anreiz bitte?

vermutlich müssen wir gar nicht auf den vergleich kindheit zurückgreifen. nehmen wir doch einfach mal dich:

du bist grad in einem wichtigen telefonat oder voll konzentriert am computer oder in der heißen schlacht der essensvorbereitung kurz bevor deine gäste kommen – und dann schreit dein schon den ganzen tag quengelndes kind schon wieder nach dir! seufz.  oder dein/e partner/in  ruft dich: „he schatz, schau was ich da in der zeitung gefunden habe!… ach, und nimm mir doch gleich noch einen kaffee/ein bier mit, wenn du schon kommst.“

geht’s noch? echt! du hast wirklich wichtigeres zu tun, oder?

kommst du da etwa freudestrahlend herbeigeilt und schaust in die zeitung?  oder machst du lieber weiter, was du grade tust?

eben.

da hat dein hund grade was total wichtiges zu beschnüffeln oder zu graben oder zu tun…. endlich mal zeit dafür!

und bamm! schon rufst du wieder! dabei ist er vielleicht eh grad ein dutzend mal gekommen, weil du den halben spaziergang schon übst.

bietest du ihm wenigstens torte als anreiz? damit er zumindest einen halbwegs attraktiven grund hätte zu kommen?

nein, nix da. du bietest hausarbeit. wie meine mutter.

tja leute, ich verstehe jeden hund, der da nicht kommt!

also: mach dir das leben nicht unnötig schwer. deinem hund auch nicht!

gib ihm einen guten grund zu kommen (aus seiner warte gesehen!).

warum sollte er sonst kommen? dich hat er ja eh den ganzen tag, sein mäuseloch oder diesen speziellen geruch oder seinen hundekumpel nur ganz kurz! die sind daher extrem attraktiv und mit dieser attraktion musst du mithalten können! das hat nichts mit bindung oder liebe oder sonst was zu tun. das ist eine simple interessensabwägung. also wirf was in die waagschale!

gib ihm später dann die hoffnung auf einen guten grund!
du musst nicht jedes mal mit torten – sprich rindersteaks oder so – fürs kommen winken.
winken sollst du eigentlich gar nicht, nur „bezahlen“ :-).

wenn eine zeit lang tolle belohnung fürs kommen geboten wurde, entsteht daraus ja eine erwartungshaltung. „uiiih… sie ruft mich, gleich gibt es wieder was tolles. nix wie hin!“. hin und wieder erfüllst du diese erwartungshaltung und die hoffnung lebt und treibt dir den hund jedesmal heran!

der wahre grund, warum dein hund kommt ist simpel:

weil es sich lohnen könnte!

für mehr musst du gar nicht sorgen…

(naja: ein bisschen üben wäre schon gut. dafür gibt es zum glück den online-kurs „kommen wie gerufen“. am besten gleich anmelden!)

ich freu mich über feedback oder wenn du diesen artikel teilen magst! danke dir.

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.