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by brigid

August 7, 2016

jeder hat sie. auch deiner.

angst.

mal mehr und mal weniger.

angst ist ein überlebensmechanismus. die art, wie die natur uns einen tipp gibt, wann etwas gefährlich werden könnte. wann wir uns wo lieber fernhalten sollten. mit wem wir uns besser nicht anlegen.

also der mechanismus, der uns dran hindert, in reissenden stromschnellen zu baden oder wilde bären zu streicheln. nur vernünftig!

schwierig wird es, wenn die angst übermäßig ausgeprägt ist. und das kommt bei hunden leider öfter vor, als gut ist. wenn der hund sich vor jedem halblauten geräusch völlig erschrickt, menschen mit hüten fürchtet oder ihn schon ein besenstiel an der hauswand verschüchtert, dann ist feuer am dach.

ein tipp vorweg:  demnächst gibt es das kostenlose webinar „wenn der hund sich fürchtet“ mit noch viel mehr infos zum thema.

es gibt nämlich im grund genommen nur zwei arten von angst:

angst, die kleiner wird,
weil der hund regelmäßig und ausschließlich positive erfahrungen mit dem auslöser der angst macht (meist das ergebnis von systematischem üben, von selber passiert das selten in der richtigen form).

angst, die größer wird,
weil angst sich schnell ausbreitet und die wiederholte erfahrung von überforderung die angst größer werden lässt.

angst, die einfach nur so bleibt, wie sie ist, gibt es nicht wirklich.
angst, die einfach von selber aufhört und weggeht, auch nicht.
und schon gar nicht verschwindet die angst, weil der mensch dem hund erklärt, dass es da gar nichts zu fürchten gibt.

man muss nämlich wissen,

  • dass angst immer stress verursacht und der stress wiederum emotionaler, in dem fall also ängstlicher macht. ein teufelskreislauf!
  • dass angst sich gern selbst bestätigt. wenn du grad dabei bist, einer angsteinflössenden sache ein wenig mehr zu trauen und dann passiert auch nur der hauch einer verunsicherung, ist die angst schon bestätigt und meist gleich noch größer.
  • dass angst sich gern ausbreitet (generalisiert nennt man das im fachjargon), weil der hund ja über assoziationen lernt und in seine angsterfahrung immer neue zufällig auch anwesende dinge hineinprogrammiert.

ich erzähl dir mal die geschichte von der setterhündin fanny. fanny streifte dummerweise beim rumlaufen  den elektrozaun einer pferdekoppel und bekam einen stromschlag ab. klar lief sie erst mal schreiend weg, frauchen packte sie daraufhin sofort ins auto, setzte sich zu ihr und tröstete sie.  fanny weigerte sich an dem tag, dort wieder auszusteigen.

du errätst es sicher schon:  schon am nächsten tag stieg fanny beim reitstall nicht mehr aus dem auto. kurz danach war ihr das auto selber schon suspekt und sie stieg auch zuhause nicht mehr ins auto – auch nicht zum spazierenfahren oder sonstwohin.

so funktioniert angst.
wenn man nichts tut.

(fannys frauchen tat schon was. nach ein bisschen üben und mit der unterstützung einer netten hundefreundin ohne angst vor pferdekoppeln und autos klappte alles bald wieder wie früher).

natürlich gibt es auch hunde, die ein solches erlebenis leichter wegstecken als die sensible, sowieso ein bisschen unsichere fanny.

angst ist nämlich in der hundebevölkerung nicht gleichmäßig verteilt. es gibt die draufänger und die angsthasen und alles dazwischen.

angst entsteht nämlich aus 3 quellen:

  • angeborene ängstlichkeit
    es gibt hunde, die kommen schon mit einem anderen nervenkostüm zur welt und sind viel anfälliger für angst, weniger neugierig und forsch beim erkunden der umwelt und generell etwas unsicher.
  • aufzuchtbedingungen
    die ersten lebenswochen bestimmen die entwicklung des hundes maßgeblich.  er sollte jetzt alles fürs spätere leben notwendige angstfrei kennenlernen können. wenn der welpe irgendwo abgeschieden in einer scheune aufwächst und nichts kennen lernen kann, hat er später natürlich vor allem und jedem angst und tut sich mit neuen dingen sehr schwer.
  • negative erfahrungen
    schlimme erlebnisse merkt man sich gut! und fürchtet ähnliche dinge in zukunft (das ist ja der sinn von angst: uns vor der wiederholung solcher erlebnisse zu schützen), auch wenn man sonst recht unerschrocken im leben steht (ich sag nur: tierarzt!). häufen sich die schlimmen erlebnisse an, kann daraus auch eine generelle unsicherheit entstehen.

da angst ohnehin so größer wird, ist es wichtig, dass du nicht auch noch dazu beiträgst!

die folgenden 5 dinge solltest du daher auf keinen fall tun!

 

1. angst nicht ernst nehmen
es mag dir noch so lächerlich vorkommen, wenn dein hund sich vor einem weggeworfenen taschentuch am wegesrand fürchtet oder sich nicht näher als 20meter an den verträglichsten und ruhigsten hund aller zeiten ranwagt – für deinen hund ist die angst real!
mal ehrlich: welche gefahr droht dir schon ein einer winzigen spinne, einer kleinen maus oder nachts im wald? und dennoch gibt es leute, die allein bei der vorstellung schon das gruseln kriegen.
nimm also ernst, wenn dein hund sich vor was fürchtet. auslachen hilft nämlich echt nicht.

 

2. „da muss er durch“
du verstehst zwar, dass dein hund da jetzt angst hat, willst ih aber zeigen, dass es völlig unsinnig ist? schließlich könnt ihr die strecke nicht vermeiden, bloss weil da autos (straßenbahnen, lkws,….) vorbeifahren. er soll sich also nicht so anstellen, das wird schon, wenn er erst mal sieht, dass ihn die autos nicht anfallen?
mitnichten! mit jedem mal, wo du deinen hund nach dem motto „da muss er jetzt durch“ zu etwas zwingst oder ihn an der leine mitzerrst, wird die sache schlimmer und die angst größer.
also weg mit dem satz „da muss er durch“!

 

3. aufzwingen
zwing dem hund die sache oder den menschen, vor der oder dem er sich fürchtet nicht auf! den fehler machen grad gutmeinende nur zu oft. der hund hat angst vor fremden menschen, also lädt man sich extra viele ein, gibt ihnen gute kekse und die versuchen sie dann an den hund zu bringen. den sie dabei unweigerlich bedrängen, bedrohen und womöglich in die ecke treiben. die sicherste methode, dem hund fremde menschen endgültig zu vergällen!
den hund auf sich (den fremden) zukommen lassen wäre der trick!

 

4. zutexten
wenn man sieht, dass der eigene hund sich fürchtet, ist es nur zu normal, dass man ihm gut zureden will. vielleicht umso mehr, je mehr der hund sich fürchtet und je mehr wir uns deswegen sorgen. was der hund aber mitkriegt, ist zu allererst unsere sorge und unsere aufregung – und die missversteht er als bestätigung für seine angst (mein mensch fürchtet sich ja wohl auch, also ist das ding echt gefährlich!). wenn du dich grad vor der frei rumspringenden vogelspinne im wohnzimmer fürchtest, würdest du dich auch von einem aufgeregt auf dich einschwätzenden menschen nicht beruhigen lassen. (der soll lieber cool bleiben und sich um die vogelspinne kümmern!)

 

5. im stich lassen
wenn der hund sich fürchtet, braucht er deinen schutz und deinen rückhalt. es ist grad nicht der beste moment, ihn sich selber zu überlassen, damit er alleine mit der situation klar kommt. genau das aber tun wir (unabsichtlich) ziemlich oft. der hund, der an der leine vor dir andere hunde oder jogger verbellt oder der im „spielen“ von anderen bedrängt wird und zu flüchten versucht, hat angst! und braucht deine unterstützung.
du musst also die situation erkennen und rechtzeitig (und ruhig) sortieren, damit sich dein hund nicht im stich gelassen fühlt.

was du alles richtigerweise tun kannst, wenn dein hund sich fürchtet –
und wie dein hund seine ängste überwinden kann und was der schlüssel dazu ist  –
das gibt es dann nächste woche im blog. (am besten den blog gleich abonnieren (kostenlos), damit du den artikel nicht verpasst, einfach hier unten eintragen).

 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.