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by brigid

Mai 8, 2016

dein hund hat sicher auch ein abbruchsignal gelernt (oder du wurdest zumindest darauf hingewiesen, dass du ihm das aber beibringen musst). oder?

schließlich geht es ja nicht an, dass der hund jeden anspringt oder irgendwas grausiges aufnimmt und frisst!

gleich vorweg: da stimme ich zu. anspringen, unkontrolliert alles fressen oder noch eine ganze reihe weiterer dinge gehen gar nicht. das bleiben zu lassen, ist eine pflichtübung für jeden hund.

aber!

genau: aber! großes aber!

ein abbruchsignal ist dafür völlig unnötig.

fangen wir mit einer genauen definition an: als abbruchsignal bezeichnet man gemeinhin ein wort oder ein geräusch, das dazu genutzt wird, ein unerwünschtes verhalten des hundes zu unterbrechen. gern wird ein „aus“, „lass es“, „pfui“, „nein“, „ähäh“ oder ähnliches verwendet.

ich hab das anno dazumal auch so gelernt: schweineohr auf den boden gelegt. mit dem hund an der leine vorbeimarschieren, wenn der nur hinschaut ein scharfes, kurzes „pfui“, damit er weiß, er darf das nicht haben.

kennst du, oder?

kennst du auch das wirkungsprinzip dahinter?
genau: das ist strafe!

strafe heißt, dem hund passiert was unangenehmes, wenn er das falsche tut.  und dann lässt er es.
meist allerdings nur kurzfristig, weil er sich eigentlich nur kurz unter dem scharfen ton und deiner strafe wegduckt, in die „verhaltensunterdrückung“ geht (also mal „ne weile ganz vorsichtig und langsam tun, bis sie sich wieder beruhigt hat“) und genau gar lernt. oder nur lernt, dass du ziemlich unangenehm bist.

das konnte man auch schön beobachten: mehrere hunde in der kursgruppe, in der ich damals war (als teilnehmerin wohlgemerkt) zuckten völlig zusammen, einer wollte zu der stelle gar nicht mehr hingehen. was sie nicht daran hinderte, dasselbe schweineohr 20 meter weiter total spannend zu finden.

so fand ich das weniger prickelnd.

ich übte lieber einen superguten abruf mit meiner hündin und kam damit eigentlich recht gut durchs leben. thema vorläufig abgehakt.

bis maroni kam. die nicht nur eine liebe zu schweineohren mitbrachte, sondern auch zu wildenten und stöbern am bachufer.  der wollte ich daher mit einem – positiv aufgebauten! (ich hatte ja in den jahren dazwischen einiges dazugelernt) – abbruchsignal beibringen, erst gar nicht den weg zu verlassen und damit den verlockungen aus dem weg zu gehen. ein permanenter rückruf bei einem hund, der ohnehin ein paar meter neben/vor mir lief, war mir da zu blöd.

also abbruchsignal, nächster durchgang.

maroni lernte, dass ein kurzes, neutrales „ähäh“ hieß: „lass das“ und dafür, dass sie das ließ, was sie da grade tat (richtung bachufer schnüffeln in aller regel), wurde sie von mir belohnt.

also ganz klassisch:  hund macht was (von mir ungewolltes) – signal „ähäh“ – hund reagiert richtig mit aufhören und sich mir zuwenden – diese richtige reaktion wird belohnt.

nix mehr strafe und verhaltensunterdrückung. sondern ganz korrekt und positiv aufgebaut.

bis mir etwas auffiel:

der trainingsaufbau war exakt der selbe wie der für unser aufmerksamkeitssignal.
das verhalten des hundes war exakt das selbe wie bei unserem aufmerksamkeitssignal.
nur einmal ein „ähäh“ und das andere mal ein schnalzgeräusch.

wozu also zwei signale für das selbe verhalten????

in beiden fällen ließ maroni bleiben, was sie grad tat, wandte sich mir zu und wartete auf belohnung (keksi oder lob).
das sollte doch genügen, oder?

der einzige unterschied:  der mensch!

genauer gesagt: die menschliche emotion.

das „lass das“ entspricht sehr viel mehr dem menschlichen impuls!

wir reagieren prompter, auf das, was grade schief läuft.
unser impuls ist ein „nein, bloss das nicht“ und der lässt sich supergut in ein „pfui“ oder „lass es“ ummünzen.
etwas abstoppen beenden liegt näher am gefühl von kontrolle (im sinne von etwas in schach halten müssen).

das abbruchsignal liegt dem menschen also emotional näher.

dem hund dummerweise aber nicht!

der hund lernt leichter über belohnung als über strafe oder druck.
er begreift schneller, was er tun soll, wenn du ihm die information dafür gibst
(das geht dir übrigens auch so:  einem stehenden menschen zu sagen „nimm platz“ ist gut verständlich, ihm zu sagen „lass es“, wenn du möchtest, dass er mit dem stehen aufhört und sich hinsetzt, ist reichlich verwirrend und fehleranfällig).
das gelernte ist verlässlicher abrufbar und daher effizienter, wenn es positiv verknüpft ist.

anders gesagt:
der hund hätte lieber ein fröhliches aufmerksamkeitssignal.
der mensch lieber ein (mehr oder weniger) strenges abbruchsignal,
auch wenn das ergebnis beide male exakt gleich ist  (der hund beendet sein verhalten und orientiert sich um zu dir).

daher sage ich – dem hund zuliebe:

ein abbruchsignal ist völlig unnötig!

betrachtet man rein das verhalten, so ist jedes signal immer eine unterbrechung (ein „abbruch“) des verhaltens des hundes.  dein „sitz“ unterbricht das stehen, dein „bleib“ die bewegung, dein rückruf das spielen oder rumschnüffeln oder was immer.

da hast du aber ein klares ziel vor augen: das sitzen, bleiben, zurückkommen…. drum nennen wir es nicht abbruchsignal.

nimm dir doch noch ein klares ziel vor augen: „aufmerksamkeit bitte sofort zu mir“  als zielverhalten, das du mit einem freundlich aufgebauten aufmerksamkeitssignal bombenfest trainierst.

du wirst sehr schnell feststellen, dass das ein richtiger joker ist:

du willst an lockerer leine am anderen hund vorbei? aufmerksamkeitssignal – deiner schaut dich an – schon seid ihr vorbei.
da liegt ein stück pizza am straßenrand? aufmerksamkeitssignal – deiner schaut dich an – schon seid ihr vorbei.
dein hund schnüffelt schon ewig an der stelle und du musst weiter? aufmerksamkeitssignal – er schaut dich an und schließt auf – und ihr geht weiter.

dir fallen sicher noch viele andere situationen ein, in denen du das aufmerksamkeitssignal supergut einsetzen kannst und dir das abbruchsignal auf ewig sparen kannst.

denn achtung: auch für die psyche und den stresspegel des menschen ist das abbruchsignal nicht gut! dauerndes nein sagen und auf der bremse stehen produziert automatisch ärger und eine unangenehme stimmung. kannst du dir einfach sparen!

trainier doch mal ein aufmerksamkeitssignal wirklich gut und probier’s aus!

und mach mit (kostenlos!) bei der aufgepasst-challenge“ wo wir 14 tage lang die aufmerksamkeit des hundes unter immer schwierigeren bedingungen schulen und er superaufmerksam wird! mehr brauchst du nicht, versprochen!

infos und die anmeldung zur „aufgepasst-challenge“ findest du hier:

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.