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by brigid

November 21, 2021

online hundeschule

gleich vorweg: wenn dein hund superschlau ist, ist das nicht nur eine erfreuliche nachricht.
natürlich kann man sich freuen und stolz drauf sein
(was man bei den durchschnittlich schlauen genauso kann).
vor allem aber muss man wissen,
dass so ein spezielles exemplar auch spezielle bedürfnisse hat.

den superschlauen wird leider oft unrecht getan.
nicht nur kommen sie in puncto auslastung regelmäßig zu kurz –
das kleine 1×1 reicht nun mal nicht für einen mini-einstein –
sie werden oft zu unrecht als eigensinnig, unaufmerksam und schwierig eingestuft.
ein wenig so, wie hochbegabte kinder in der normalschule,
die dort schnell mal störend auffallen.

umso wichtiger ist es also zu wissen, ob der eigene hund richtung superschlau tendiert oder nicht.

online hundeschule

bevor wir uns fragen, woran man das merkt, noch ein wichtiger hinweis:
intelligenz ist keine ja/nein frage, sondern verläuft graduell.
messen ist sowieso schwer – auch beim menschen gibt es um den intelligenzquotienten immer wieder diskussion.
für unsere zwecke recht es aber, mit „tendenzen“ zu arbeiten.

wenn wir uns intelligenz als eine skala vorstellen,
wo am einen ende die weniger ausgeprägte intelligenz verortet ist,
in der mitte die durchschnittliche intelligen und am anderen ende die hochentwickelte,
dann ist die frage nur:
wo ungefähr würde der regler für deinen hund stehen?

ganz wichtig:
intelligenz hat nichts mit gehorsam oder trainierbarkeit zu tun
das ist der fehler, der stanley coren in seinem buch „die intelligenz der hunde“ unterlaufen ist
(meiner bescheidenen meinung nach).

dumme und kluge hunderassen?

auf seiner rangliste rangiert wenig überraschend der border collie als „klügster“ hund auf platz 1,
der basenji hingegen landet auf dem vorletzten und 78. platz seiner rasseliste.
dabei sind diese hunde alles andere als dumm,
wie eine kleine anekdote, die mir eine basenji-züchterin vor jahren erzählte, veranschaulicht.

da die kleinen basenjis unglaublich schnell laufen können,
war sie auf die idee gekommen, einen ihrer basenjis mal bei einem windhunderennen (im training natürlich) mitlaufen zu lassen.
dabei laufen die hunde ja einer fellatrappe hinterher, die mittels schwenkarm vor ihnen und immer außer reichweite gezogen wird,
um den hetzreflex der hunde auszulösen.

der basenji startet also mit den windhunden im pulk los,
fegt der vermeintlichen beute hinterher – und hält plötzlich innen.
er bemerkt, dass das ding immer ausser reichweite bleibt und er es mit hinterherlaufen nicht erwischen wird.
also kürzt der basenji quer über die rennbahn ab,
lauert dem fellbündel von vorne auf –
nur um schwer enttäuscht festzustellen, das es keine echte beute sondern eine atrappe ist.
und weigert sich fortan, dort jemals noch einen schnellen schritt zu tun.

schlauer hund

und das soll ein dummer hund sein?
ganz im gegenteil würde ich sagen.

woran erkennt man hohe intelligenz?

mit der rasse hat intelligenz also nicht wirklich zu tun.
am aussehen kann man auch nicht erkennen, ob ein hund besonders schlau ist oder nicht.

da denkt man zwar gern, dass die großen, etwas langsam wirkenden hundetypen auch im kopf nicht ganz so schnell sind.
man darf sich aber keinesfalle täuschen lassen!

ich erinnere mich noch gut an den großen neufundländermischling,
der immer ein wenig desinteressiert wirkt.
leckerli-suchspiel in der trainingsstunde?
da trottete er ein bisschen rum, steckte pro forma die nase ein paar mal ins gras,
fand aber höchstens die hälfte der zeit das leckerchen – auch wenn es gar nicht so schwer versteckt war.

doch kaum hieß es, die stunde ist vorbei, zeit zum heimgehen,
da rannte er noch schnell und sehr zielstrebig an die stelle, wo wir was versteckt hatten,
und schnappe sich noch schnell sein leckerchen.

der hund hatte zuhause noch ganz anderes auf lager:
er konnte die küchentür öffnen,
die tür vom küchenschrank mit dem katzenfutter aufschieben,
eine dose rausfischen und die dose an der öffnungsschlaufe (!) aufmachen,
um sich einen kleinen snack zu holen, wenn seine leute nicht zuhause waren.

wie schlau ein hund wirklich ist, kann man also nur an seinem verhalten ablesen
(und da nicht immer, weil der hund ja auch die motivation für ein bestimmtes verhalten haben muss).

die folgenden 5 merkmale deuten halbwegs verlässlich darauf hin,
dass dein hund überdurchschnittlich schlau sein könnte.

5 merkmale von superschlauen hunden

die liste dieser merkmale ist keinesfalls umfassend
und dein hund muss auch nicht alle 5 merkmale aufweisen,
um als besonders schlau zu gelten
(es wäre sogar sehr gut, wenn er punkt 4 dank deiner umsicht nicht hat!),
nimm das also nur als richtwerte.

1. ausgeprägte sensibilität

eine übermäßige ausgeprägte sensiblität geht offenbar genetisch immer einher mit einer hochentwickelten intelligenz.
leider kenn ich bislang keine wissenschaftlichen studien dazu, ob das wirklich genetisch gekoppelt ist.
aus der beobachtung über fast 2 jahrzehnte kann ich aber sagen:
ich hab noch nie einen hochsensiblen hund getroffen, der nicht auch hochintelligent gewesen wäre.
und umgekehrt.

je sensibler dein hund ist, desto höher ist daher die wahrscheinlichkeit,
dass er auch superschlau ist.

der nachteil an der sache:
er ist damit auch sehr stressanfällig und schneller verunsichert als andere.
geistige auslastung in einem klugen trainingsaufbau ist für ihn fast lebensnotwenig.

2.  „1-episode learning“

unter dem englischen fachbegriff „1-episode-learning“ versteht man einen lernprozess,
bei dem es dem hund reicht, ein einzigesmal mit einem verhalten ein positives ergebnis erlebt zu haben,
und er speichert das sofort ab und wiederholt das.

üblicherweise brauchen hunde im schnitt zumindest 3 – 5 wiederholungen,
um einen zusammenhang zwischen dem eigenen verhalten und den folgen daraus hergestellt zu haben
und daraus fixe schlussfolgerungen abzuleiten (also zu „lernen“).

bei den „1-episode-learners“ geht das hingehen blitzschnell.
einmal reicht.

und das ist keineswegs vom vorteil für den menschen!
meine maroni hatte als welpe so ein lernepisode:
im rumhüpfen in der welpengruppe war sie versehentlich an den (tief hängenden) leckerlibeutel eines menschen gestoßen,
woraufhin sich ein leckerli-regen über sie ergoß.
sofortiger lerneffekt: mensch = kekse = springen

es hat mich jahre gekostet, bis sie aufhörte,
jeden beliebigen menschen, der uns begegnete, nach leckerli durchwühlen zu wollen
(klarerweise hab ich das nicht zugelassen).

man muss bei den superschlauen also extra genau aufpassen,
was die so versehentlich aus einer einzigen begebenheit lernen.

3. verständnis für zusammenhänge

den zusammenhang zwischen ursache und wirkung zu verstehen
und insbesondere das zusammenspiel von objekten in der welt zu kapieren,
ist für hunde gar nicht so einfach.
da sind einige abstraktere denkvorgänge gefragt (wie zum beispiel das konzept der objektpermanenz).
für superschlaue hunde kein problem!

du merkst das daran, dass sie genau wissen, woran man ziehen oder schieben muss,
um ein nicht sichtbares objekt zu tage zu befördern.
oder dass sie hinter den fernseher laufen (wenn das möglich ist),
um zu sehen, wohin das tier vom bildschirm verschwunden ist.

oder daran, dass das öffnen von türen, schubladen, schränken oder behältern ein kinderspiel ist für sie.
ich kannte sogar mal eine junge labrador-hündin,
die sich vorsichtig das honigglas vom esstisch holte, den schraubverschluss (!) öffnete
und dann genüßlich honig schleckte.

4.  aufmerksamkeitsheischende tendenzen

wenn der hund extra schlau ist,  hat er auch fix raus, was er im alltag tun muss,
um garantiert die aufmerksamkeit seiner menschen zu bekommen.

da sich hochintelligente hunde schneller langweilen,
haben sie in der regel auch mehr grund, sich „lustige“ spiele mit dem menschen einfallen zu lassen.
vor allem dann, wenn sie sonst zu wenig geistige auslastung bekommen.

erwischt man das potentiell aufmerksamkeitsheischende verhalten sofort am anfang
und steigt erst gar nicht darauf ein, lassen sie es dafür auch rasch wieder bleiben.
auf der hut sein muss man aber immer.

5. unkonzentriertheit

es mag paradox klingen, dass ausgerechnet die superschlauen hunde sich nicht konzentrieren können.
genau das passiert aber mit großer regelmäßigkeit.
und hat zwei ursachen:

erstens sind die superschlauen wie erwähnt auch supersensible und damit schnell gestresst.
und ein gestresster hund kann sich schlecht konzentrieren.

zweitens langweilen sich die superschlauen recht schnell,
wenn man sie zuviele wiederholungen derselben übung machen lässt,
sie verlieren dann das interesse daran, werden ungenau oder verweigern.

was für den menschen aussieht, als hätte der hund noch gar nicht verstanden, wie es geht,
ist häufig schlicht langeweile.
weil der hund es schon lange verstanden hat und längst schon eine höhere schwierigkeitsstufe brauchen würde.

 

was superschlaue dringend brauchen

für die superschlauen hunde sind drein dinge ganz zentral
(und manche davon kommen vielleicht unerwartet):

erstens brauchen sie genügend geistige auslastung, die sie auch wirklich fordert.
(wenn dein hund betroffen ist, schau mal die kurse „denkspiele 1.0“ und  „denkspiele 2.0“ an).

zweitens vertragen sie aufgrund ihrer sensiblität druck und hektik schlecht.
denkspiele und sonstige übungen mit ihnen müssen daher in aller ruhe, sehr genau und nach einem klaren plan aufgebaut werden.

drittens schließlich kommen sie mit stress und zuviel aufregung nicht gut zurecht.
viele von den superschlauen hunden brauchen daher neben der geistigen auslastung vor allem viel ruhe und stressabbau.

 

 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.