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by brigid

Oktober 15, 2016

es passiert so schnell und oft merkt man es kaum.

man zieht am führstrick.
oder das pferd zieht am führstrick.

und schon ist es geschehen.
der schaden ist angerichtet.

was für einen schaden so ein bisschen ziehen anrichten soll, fragst du dich jetzt vielleicht.
einen, den man recht leicht unterschätzt, der aber einiges kaputt macht.
(ok: negativ beeinflusst).

ziehen funktioniert ja nach simplen physikalischen regeln: zug erzeugt gegenzug.

das bedeutet: in dem moment, wo einer zieht, spannt sich der andere an und wendet kraft auf, um sich eben nicht ziehen zu lassen.

so geht das gezerre meist los!

weil ja nun am anderen gezogen wird, stemmt der sich ein bisschen dagegen und erhöht seinen (gegen)zug
und so weiter und so weiter…bis der stärkere sich durchgesetzt hat.

die spannung und der widerstand kommen beim ziehen am führstrick aber an einer stelle, an, wo wir sie echt nicht brauchen können!

am kopf, im genick, meist auch im hals- und schulterbereich, je nachdem, wie stark da gezogen wird.
und das hat folgen!

es sind vor allem 3 dinge, die dabei flöten gehen:

1. die rittigkeit

dein pferd soll ja weich im maul sein, sich im genick schön nachgeben und sich so richtig fein in deinen zügelkontakt hineinschmiegen. oder?

ja, versuch das mal, wenn das genick total verspannt ist!

wir menschen kennen das ja auch, dass wir nackenverspannungen haben. und dann sind feine, weiche bewegungen etwas, von dem wir nur noch träumen können!

wenn aber das „vordere ende“ des pferdes schon nicht kann, wie es soll, dann hat der rest es auch schwer. ein blockiertes gelenk beeinträchtigt den gesamten bewegungsapparat, weil nunmal alles zusammenhängt.

(falls du mir das nicht glaubst: beiss mal fest deine zähne zusammen und versuch den ganzen körper und vor allem becken und pobacken dabei weich und entspannt zu haben!).

wenn das pferd nun im genick fest ist und im hals verspannungen hat, dann ist ihm die gewollte vorwärts-abwärts dehnung nicht mehr möglich und das war’s dann auch schon mit aktiver hinterhand und an den zügel treten. futsch ist sie, die gewünschte rittigkeit, bevor du überhaupt noch im sattel bist.

2. die gelassenheit

ein pferd, das am führstrick zieht (oder gezogen wird), leistet ja im regelfall nicht nur mit dem kopf widerstand, sondern stemmt sich mit dem ganzen körper mehr oder weniger stark gegen den menschen.

drum sind so viele pferde in der linken schulter fest und können sich linksrum nicht so gut biegen – weil sie immer von links geführt werden und dabei schon mal zug auf den strick kommt.

das ziehen und dagegenstemmen bringen das pferd aus dem gleichgewicht.

ziehst du zum anhalten außerdem am führstrick oder zerrst das pferd ein wenig hinter dir her, dann fällt es dabei auch noch stark auf die vorhand (und du weißt ja: dort wollen wir es nicht haben!).

abgesehen von dem, was das fürs reiten heißt, hat das noch eine unangenehme nebenwirkung:

ein pferd, das aus dem gleichgewicht ist, ist auch emotional nicht in balance.
es regt sich schneller auf, ist weniger kooperativ, wird womöglich hektisch oder „stur“.
es ist eben nichts im lot.

und dann braucht nur irgendeine kleinigkeit auftauchen – an der ihr vielleicht schon 100x vorbeigegangen seid, und plötzlich erschrickt sich das pferd oder wird hastig.

und alles hauptsächlich deswegen, weil es nicht im gleichgewicht ist.

zum fehlenden gleichwicht tragen natürlich noch eine reihe anderer dinge auch bei, aber eben auch das ziehen am strick. und das kann man sich ja nun wirklich sparen.

 

3. die beziehung

wie dein pferd und du miteinander bei den ganz alltäglichen handlungen und dein ganz einfachen strecken zwischen koppel und viereck, putzplatz und box unterwegs sind, prägt eure beziehung.

hättest du eine tolle, vertrauensvolle beziehung zu jemandem, der dauernd an dir rumzerrt?
der dir nicht mitteilt, wo es jetzt hingeht, sondern dich einfach packt und rüberzieht?

eher nicht. also ich wenigstens würd mit so jemandem nicht lang unterwegs sein wollen und mir lieber jemand einfühlsameren und rücksichtsvolleren als umgang suchen.

wenn dir eine vertrauensvolle beziehung zu deinem pferd und eine feine kommunikation miteinander wichtig sind, dann achte doch mal auf euren umgang miteinander im kleinen. der legt den grundstein für alles, was du dir sonst noch wünscht und dir dein pferd alles schenken kann.

 

die probleme sind jetzt aufgelistet. und was nun?

vermeiden natürlich :-).

 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.