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by brigid

Oktober 25, 2015

übung macht den meister, eh klar. die frage ist bloß: wie viel üben ist nötig? wie viel üben ist richtig? wie oft oder wie lange übt man am besten? und vor allem:

wie vermeidet man trainingsfehler durch falsches üben?

während wir alle (ok, die meisten von uns vermutlich) noch einiges an drill und stupiden wiederholungen aus den eigenen lernerfahrungen kennen, zeigen uns die hunde meist recht schnell, dass es so nicht geht. dass drill und endlose wiederholungen eine totale sackgasse sind!

hast du auch noch gelernt, dass ein hund 200 mal „sitz“ gemacht haben muss, bevor er das kapiert?
mir hat man das bei meinem allerersten hund – zugegeben, schon ein paar jährchen her – noch erzählt!
und nichts ist falscher als das!

in aller regel braucht ein hund bloß ein paar wiederholungen, um die verknüpfung zwischen dem neuen verhalten und dem signalwort hergestellt zu haben. und dann noch ein paar wiederholungen an verschiedenen stellen, bis es überall gilt, nicht nur am ersten trainingsort.  und danach nur noch eines: konsequenz des menschen. schließlich soll die neue regel ja eine regel sein und nicht irgendein zufallsprinzip.

kein wunder also, dass eine der häufigsten fragen ist: wie oft soll ich mit meinem hund eigentlich üben? und wie lange, wie viel?

erst mal muss man drei kategorien von „übungen“ unterscheiden:

  1.  verlässlichkeit im alltag

    hier geht es um grundfertigkeiten, die jeder hund braucht, und die im alltag einfach klappen müssen. das sind dinge, wie herankommen, sitzen + bleiben oder leinegehen, die man mit dem welpen/junghund einmal aufbaut und für die danach gilt: konsequenz des menschen ist das erfolgsgeheimnis!

    gemeint ist damit vor allem, dass man dem hund nicht versehentlich beibringt, dass die signale eh nur manchmal befolgt werden müssen. oder nur dort wirklich gelten, wo brav jeden tag dasselbe geübt wird (und der mensch konzentriert ist), im sonstigen tagesablauf aber nicht.

    der häufigste fehler ist nämlich, dass man jeden tag bei der selben gelegenheit, zum beispiel beim spazierengehen oder am abend, das selbe übungsprogramm durchspielt: dreimal kommen, 1 mal sitz und bleib, 50 meter fuß an der leine und fertig.
    das führt nicht nur dazu, dass der hund das halt an besagter stelle macht, weil er ja schon weiß, was jetzt kommt. es birgt auch das risiko in sich, dass die übungen schlampiger werden. denn ehrlich gestanden ist das total langweilig! dann ist der hund mal unkonzentriert, kommt zögerlicher, zieht ein bisschen an der leine und schon schleichen sich fehler ein.

    nicht zu vergessen, dass diese übungsroutine natürgemäß dazu führt, dass genau diese signale überall sonst nicht unbedingt klappen!

    die devise für die alltags-übungen und alles, was verlässlich klappen muss, lautet also: einmal sauber aufbauen (siehe auch punkt 3),  konsequent auf genauigkeit achten (also nur einmal rufen, nur einmal signal geben, den richtigen moment abwarten, nur gute leistung belohnen) und wahllos an unterschiedlichen orten und vor allem nicht dauernd üben!

    wenn du das, was schon klappt, noch weiter üben willst, dann steiger die anforderungen! belohn das superschnelle kommen, steiger den ablenkungsgrad, lass den hund etwas länger bleiben…. nur dann bleiben die übungen spannend und machen auch sinn.

  2. auslastung für den kopf

    eine zweite gruppe von „übungen“ hat eigentlich gar nicht so das üben zum ziel, sondern soll vor allem der geistigen auslastung des hundes dienen und ihn angenehm müde und ausgeglichen machen. dazu gehören alle formen von nasenarbeit und denksport, vielleicht aber auch dein clicker-training oder erkundungs-spaziergänge.

    hier gilt: bitte täglich ein minimum von 15 minuten anbieten – je nach hund kann das natürlich variieren. und wichtig dabei: nicht immer dasselbe! biete deinem hund abwechslung bei den denkaufgaben, mach die suchspiele schwieriger und anspruchsvoller, lass dir hin und wieder ganz was neues einfallen.

    vorrang hat der spaß für den hund! alles, was den hund stresst, ihn zu sehr oder zu wenig fordert, hat auf deinem übungsprogramm nichts verloren. es zählt daher nicht als geistige auslastung, wenn dein hund dir täglich morgens die pfote geben soll, danach die rolle macht und dann 2 minuten sitz+bleib übt. und das täglich. immer genau so, in der selben reihenfolge. das ist einfach nur öde. oder meinetwegen – bei hunden, die fixe gewohnheiten lieben – ein nettes ritual. aber auslastung ist es keine mehr!

  3. neues lernen

    ob nun neue tricks oder neue alltags-fertigkeiten erworben werden – das ist nun der bereich, wo das eigentliche „üben“ stattfindet und erforderlich ist.

    beim erlernen von neuen verhaltensweisen muss der hund folgende lernstufen durchlaufen:
    – das neue verhalten kennen lernen (erlernen)
    – das neue verhalten mit dem signalwort verknüpfen (signal-verknüpfung)
    – das neue verhalten an verschiedenen orten lernen (generalisieren)
    – das neue verhalten unter unterschiedlichen umständen üben (festigen)
    – das neue verhalten hin und wieder auffrischen (behaltetraining)

    und dazu muss er üben! so wie der mensch auch, wenn er ein instrument erlernt, ein neues hobby aufgreift oder eine neue sprache paukt. mit dem unterschied, dass es bei den hunden meistens etwas schneller geht :-).

am besten klappt das erlernen von neuem erfahrungsgemäß dann, wenn man sich an ein paar tricks hält, die einen rascheren trainingserfolg garantieren:

trick 1:  kurz und knackig!

übungseinheiten sollten wirklich kurz und knackig gehalten werden. so, dass der hund sich noch gut konzentrieren kann und nicht ermüdet. und vor allem so, dass die übung noch spannend bleibt, er motiviert ist (statt gelangweilt) und sich schon drauf freut, wenn er das beim nächsten mal gleich wieder machen darf.

mein persönlicher lieblingsrhythmus:
1-2 minuten üben
1-2 minuten pause
1-2 minuten üben
wieder pause.  oder schon schluss.
insgesamt höchstens 15 minuten (inklusive pausen!)

natürlich kommt es immer auch auf den hund an – wie sehr strengt ihn die neue aufgabe an, wie viel spaß hat er grade, welche lernerfahrungen bringt er schon mit, und so weiter.  aber ganz allgemein funktioniert kurz + knackig am besten!

trick 2:  pausen!

der größte trainingserfolg passiert in den pausen :-).
das gehirn braucht nämlich zeit, um das soeben gelernte auch abzuspeichern. wenn du ihm training immer wieder diese kurze pause einlegst, bevor die leistung schlechter wird, dann hast du die raschesten fortschritte.

lernen passiert nämlich in der sogenannten „lernkurve“, wo auf einen raschen anstieg der kurve (=trainingsfortschritte) immer mal wieder ein leichtes absacken erfolgt (während gespeichert wird), bevor dann ein stabiles plateau des könnens erreicht ist. die kunst besteht darin, am höhepunkt der lernkurve aufzuhören, kurze pause zu machen und dann erst weiter zu üben. dazu muss man natürlich seinen hund kennen, gutes timing und hin und wieder etwas glück haben.

kleiner tipp: wenn du dich dabei erwischt, zu denken „noch einmal“ machen wir das, dann hör sofort auf! deine intuition sagt dir, dass es zeit für eine pause wäre, aber dein ehrgeiz will noch weiter – das produziert „noch einmal“.  und recht hat immer deine intuition :-)!

wahre wunder wirken pausen auch im trainingsverlauf selber. probier’s doch aus: fang was neues an, üb es zwei oder drei tage lang (immer kurz und knackig) und dann mach ein paar tage nichts weiter damit.
du wirst sehen: wenn du danach wieder damit weiter übst, ist dein hund sehr motiviert und gut unterwegs!

trick 3:  leistung steigern

wenn du eine übung für deinen hund spannend halten willst – und nur dann ist er mit feuereifer dabei – dann steiger den schwierigkeitsgrad laufend, aber dafür in sehr kleinen schritten! immer nur das selbe zu verlangen, kann schnell in stagnation führen und langweilig werden.

die selbe übung immer ein bisschen anspruchsvoller bleibt hingegen spannend. achte nur drauf, dass du nicht plötzliche leistungssteigerungen einbaust, die deinen hund überfordern, weil du die nötigen zwischenstufen übersprungen hast! schließlich würde auch keiner vom schwimmanfänger plötzlich den sprung vom 10m-brett verlangen!

steiger auch deine eigene leistung zwischendurch, um deinen hund zu motivieren: also dein eigenes timing oder – auch immer gut – die attraktivität deiner belohnung (als überraschung zwischendurch) dürfen gerne auch besser werden :-).

in jedem fall gilt aber immer und überall die alte regel: üb nur, wenn und solange es deinem hund und dir spaß macht! ich wünsch euch den jedenfalls.

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.