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by brigid

Februar 22, 2015

„was hänschen nicht lernt, lernt hans nimmer mehr“

den spruch kennst du sicher auch.
mir kam er kürzlich wieder unter, als ich ein video von maroni hochgeladen hab.
ein video von maroni als welpe aus der damaligen orf-sendung „tierzuliebe“
(link siehe unten, wenn es jemand anschauen mag :-)),
ein video, das der kommentator mit eben jenem satz beginnt.
naja…. gefragt hat er mich nicht, ob mir der satz recht ist…

ausserdem sind mir die letzten tage ein paar mal fragen begegnet wie

„mein hund ist schon 5 und das mit der leinenführigkeit hab ich ein bissl übersehen. kann er das jetzt überhaupt noch lernen, dass er die leine locker lässt?“

„denksport ist aber eher was für junge hunde, oder? meiner kennt so was gar nicht und ist jetzt schon 11. das ist sicher schon zu spät“

„dass mein hund besucher nicht mehr anspringt, kann ich mir wohl abschminken. jetzt ist er schon 3 und macht es immer noch.“

gleich vorweg mal eines.
als antwort auf die fragen oben.
und überhaupt.

am hund liegt es meistens nicht!

hier mal kurz, was an dem spruch von hänschen und hans richtig ist und was falsch:

richtig ist…

richtig ist, dass welpen viel schneller lernen als erwachsene hunde. müssen sie ja auch, weil sie in kürzester zeit herausfinden müssen, wie die welt um sie herum denn funktioniert!
und sie haben einen riesenvorteil: sie müssen nicht erst mühsam was umlernen, was sie vorher anders eingelernt haben. wer noch gar nicht die erfahrung gemacht hat, dass man durch ziehen an der leine weiterkommt, kann ganz einfach und schnell lernen, dass die leine locker bleibt. wer im gegenzug schon jahrelang geübt hat, seinen menschen durch die landschaft zu schleifen, hat es da schon ein bisschen schwerer zu verstehen, dass das plötzlich nicht mehr gelten soll.

richtig ist, dass es welpen leichter haben, was zu lernen, weil ihre menschen sich meist viel mehr und viel bereitwilliger zeit nehmen, ihnen was beizubringen. ist halt so, dass der neue welpe im haus meist mehr aufmerksamkeit abbekommt, als der schon jahrelang im haushalt mitlaufende hund. ausserdem sind wir menschen innerlich darauf eingestellt, dass der welpe natürlich noch nichts kann und wir ihn erst mal erziehen müssen. beim erwachsenen hund geht unsere einstellung davon aus, dass er erstens eh alles schon kann und dass zweitens bei den dingen, wo er es nicht kann, sowieso hopfen und malz verloren ist.

richtig ist, dass welpen normalerweise lernbereiter sind, weil sie sehr neugierig und erkundungsfreudig sind und (hoffentlich) noch keine schlechten erfahrungen gemacht haben. das lernen wurde ihnen noch nicht durch leistungsdruck, „kommandos“ oder stress verleidet. lernen ist etwas, was automatisch und wie nebenher dauernd passiert und nicht etwas, was der hundeschule, trainingseinheiten oder sonstigen lernprogrammen vorbehalten ist.

 

falsch ist

falsch ist, dass “ alte hunde keine neuen tricks mehr lernen können“, wie die englische variante vom hänschen-spruch lautet. ob ein hund 1 jahr ist oder 11 jahre alt ist, macht keinen unterschied, wenn es darum geht, was neues zu lernen. zum beispiel ein neues kunststück! natürlich tut sich ein hund leichter, der zeit seines lebens viel neues und das immer positiv gelernt hat. etwa im vergleich zu einem, der nie gefördert wurde. aber lernen kann er trotzdem noch!

falsch ist, dass ein hund nicht mehr umlernen kann. natürlich kann auch ein hund, der jahrelang an der leine ziehen durfte, noch lernen, an lockerer leine zu gehen. und ehrlich gestanden: meist lernt der hund das zehnmal schneller als sein mensch! hunde sind extrem flexibel und brauchen nur eines: klare spielregeln, die ihr mensch ihnen beibringt. und an die ihr mensch sich selber hält! das braucht dann halt ein bissl geduld und konsequenz.

falsch ist, dass ein hund, der als welpe nicht gefördert wurde, das nie wieder aufholt. klar wird er sich vor allem anfangs ein bissl mehr plagen als ein gut geförderter welpe. aber das sagt noch lange nichts darüber aus, wie er sich danach entwickelt. mit jeder lernerfahrung wird der hund schlauer und selbstsicherer und das gehirn passt sich an. vielleicht wird aus ihm sogar noch ein richtiger lern-junkie!

 

also los:
schaut euch euren nicht-mehr-welpen an.
oder den hund, der vielleicht erst als erwachsener zu euch gekommen ist.
oder euren hunde-senior.

und fragt euch:
welche neue sache möchte mein hund heute vielleicht lernen?

denn können tut er!

ps: und hier ist der versprochene linke zum video von maroni!

 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.