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by brigid

Dezember 17, 2023

bindung hund

für eine sichere und stabile form der bindung zwischen hund und mensch
(siehe hier die infos zu den bindungstypen und was eine „sichere“ bindung ausmacht)
ist eines zentral:

der mensch muss die bedürfnisse des hundes erkennen und angemessen darauf eingehen.

das sagt sich so leicht.
doch woran erkennt man die bedürfnisse denn nun?

da sind ja nicht nur die einfachen dinge zu bedenken:
gutes futter, ein kuscheliger schlafplatz oder ausreichend bewegung.

bedürfnisse erkennen

da geht es um viel mehr, das viel weniger offensichtlich ist:
das gefühl von sicherheit für den hund, anerkennung und sozialer rückhalt,  um nur einige zu nennen.

einen überblick über die bedürfnisse und die reihenfolge ihrer wichtigkeit ergibt die bedürfnispyramide nach maslow, du kannst sie dir gleich hier runterladen:

die sind im alltag deutlich schwerer zu erkennen und nicht so einfach zu erfüllen.
ob der hund zum beispiel bei begegnungen mehr schutz vor übergriffen, mehr unterstützung beim erlernen von verhaltensstrategien oder mehr freiraum für eigenständiges bewältigen braucht, erfordert schon fingerspitzengefühl.

(außerdem einiges an verständnis für die motive und das verhalten von hunden, wie es zum beispiel im kurs „hunde verstehen“ vermittelt wird.)

die grenze zwischen (noch) fehlender erziehung und einem ungedeckten bedürfnis des hundes verläuft fließend.

bedürfnisse vs. erziehung

nehmen wir als beispiel hundebegegnungen an der leine, bei einem hund, der eher unsicher und ängstlich ist.

der hund legt dabei häufig unerwünschtes verhalten an den tag:
er zieht an der leine, er ist kaum ansprechbar für den menschen, er bellt den anderen womöglich an und pöbelt an der leine.

mit reinem leinentraining, fussgehen oder aufmerksamkeitssignalen ist der sache nicht beizukommen.
erziehung ist zwar auch nötig, sie geht aber am kern der sache vorbei:
dass der hund nämlich angst hat und sein bedürfnis nach sicherheit nicht befriedigt wird.

hier muss erst ein gefühl von sicherheit beim hund herbeigeführt werden,
bevor dann trainingsmaßnahmen sinn machen.

anders bei einem hund, der mit anderen hunden gar kein problem hat,
aber nie gelernt hat, richtig an der leine zu laufen und bei begegnungen normal vorbeizugehen.
der zeigt vielleicht von außen betrachtet genau das selbe verhalten – also zerren an der leine, bellen und pöbeln –
aber es steckt keine besondere emotion dahinter.
er hat nur gelernt, dass man das eben so macht.
weil es vom menschen belohnt wird, weil er keine andere info hat und weil es so (in seinen augen) am besten klappt.

bedürfnisse aufspüren

unbefriedigten bedürfnissen kommt man am besten auf zwei arten auf die spur:

erstens fragt man sich:
wo gibt es ein verhalten beim hund, das man nicht haben will
und das trotz ernsthaftem (und sinnvollem) üben nicht besser wird.
da steckt dann oft mehr dahinter, als nur das erlernen von richtigem verhalten.
nämlich eine emotion oder ein nicht gestilltes bedürfnis.

zweitens geht man die liste der bedürfnisse von hunden durch
und beantwortet auf jeder ebene (der oben genannten bedürfnispyramide) die frage:
wodurch wird dieses bedürfnis im alltag meines hundes gedeckt?

kann man auf diese frage bei jedem bedürfnis mindestens drei dinge nennen, schaut es gut aus.
fällt einem eher nichts sein, sollte man der sache nochmal gründlicher nachgehen.

schließlich kann der hund selber nicht gut darauf hinweisen,
dass er sich nicht genügend wertgeschätzt fühlt oder
dass seine sozialen bedürfnisse nicht ausreichend gedeckt werden.

es fällt uns nur dann etwas auf, wenn der hund in seinem verhalten auffällig wird
(was viele hunde über lange zeit nicht werden!)
und dann schieben wir’s oft auf den hund, der sich nicht benehmen kann.
also genau und selbstkritisch reflektieren, was los ist.

vorsicht falle

das alles bedeutet aber nicht, dass man auf jede regung des hundes sofort reagieren muss.
dass man ihm jeden wunsch von den augen abliest und sofort alles liegen und stehen lassen soll,
wenn der hund mit bittendem blick antanzt.

wenn der hund x-mal am tag ankommt und einem zum spielen auffordert
oder sich hungrig vors keksi-regal setzt oder aufmerksamkeit einmahnt,
dann hat das nicht viel mit bedürfnissen zu tun.

in aller regel sind das verhaltensweisen, mit denen der hund nach aufmerksamkeit heischt.
weil er gelernt hat, dass der mensch auf bestimmte dinge sofort mit ansprache und zuwendung –
also mit belohnung – reagiert.

und wir wissen ja:
alles, was wir belohnen, macht der hund immer häufiger.
nur wegen der belohnung.
nicht weil da ein eigener antrieb oder gar ein bedürfnis dahinter stecken würde.

man könnte sogar so weit gehen zu sagen:
alles, was der hund so häufig und so offensiv einfordert, fällt eher in die kategorie aufmerksamkeitsheischendes verhalten.
die echten bedürfnisse hingegen, teilt er nicht so direkt mit.
da ist dann der mensch mit seinem hundeverstand gefordert.

 

 

 

 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.