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by brigid

August 13, 2023

beliebte hundeübungen

es gibt hundeübungen, die gehören waren „immer schon da“,
sie gehören zum standard der unterschiedlichen disziplinen,
egal ob in der grunderziehung, bei den fortgeschrittenen oder im tricktraining.

aber nicht alles, was weit verbreitet und beliebt ist, ist auch wirklich sinnvoll.
es lohnt sich jedenfalls, immer mal zu hinterfragen, was eine übung eigentlich soll,
wie sie auf den hund wirkt und was sie unter umständen für konsequenzen hat.

drei beispiele wollen wir uns heute mal vorknöpfen:

1. „gib laut“

es ist ein beliebter trick, dem hund das bellen auf kommando beizubringen.
aber nicht nur als trick wird die übung „gib laut“ einstudiert.

manche halten sie auch für ein geeignetes mittel, um dem hund das unerwünschte bellen abzugewöhnen,
weil man ihm ja beibringt (nur noch) auf signal zu bellen.
nun ja…

(was gegen das bellen wirklich hilft und welche faktoren man dabei berücksichtigen muss, ist demnächst thema im neuen webinar „so kriegt man bellen in den griff“)

die übung hat gleich mehrere schattenseiten:

um einen hund zum bellen zu bringen, arbeitet man meist über frustration.
man hält ihm ein spielzeug oder ein keksi vor die nase und lockt ihn, ohne es ihm zu geben,
bis er fordernd bellt.
irgendwie fies.

oder aber man putscht ihn mit wildem zerren oder rennen so richtig hoch, bis er bellt.
dann hat man einen aufgeregten bis überdrehten hund, der bellt – was die aufregung noch weiter steigert.
der hund lernt bei „gib laut“ auch gleich die große aufregung mit, nicht nur das bellen.

außerdem ist die übung ein schönes beispiel dafür,
dass man sich immer gut überlegen sollte, was man dem hund beibringt.
denn es liegt in der hundenatur, belohnte tricks dann auch unaufgefordert anzubieten.

im nu hat man dann einen hund, der einen bei jeder gelegenheit anbellt
und hofft, ein keksi abzustauben.
(und ja, natürlich kann und sollte man bis zur korrekten signalkontrolle üben,
das machen aber nicht viele und der hund kann trotzdem ins aufmerksamkeitsheischende bellen verfallen)

2. „schau mich an“

die zweite übung, die wir uns vorknöpfen, kommt aus dem bereich der grundübungen,
die angeblich der beziehung zwischen hund und mensch dienen sollen –
und eher das gegenteil erreicht.

der hund soll dabei vor dem menschen sitzen oder stehen
und ihm in die augen schauen – obwohl der mensch leckerchen in den händen hat,
die er links und rechts von sich wegstreckt.

keinesfalls soll der hund zu den leckerchen schauen,
sondern schön brav zum menschen.
und das oft bis zu einer minute.

wenn man weiß, dass in der hundesprache ein direkter und intensiver blickkontakt
als provokation oder sogar als drohung eingestuft wird,
wird schnell klar, dass man den hund damit zu unhöflichkeit gegenüber dem menschen zwingt.
wollte man das wirklich erreichen?

manchmal wird das „schau mich an“ auch als aufmerksamkeitsübung verwendet.
doch mal ehrlich:
warum sollte der hund beim spazierengehen auch nur einen funken aufmerksamer sein,
weil er eine eingelernte übung wie das „schau mich an“ auf abruf macht?
er wird ja auch nicht aufmerksamer, nur weil er ein „sitz + bleib“ gut ausführen kann…

3. „korrektes“ fuss

dasselbe gilt für das anschauen des menschen bei der übung „fussgehen“.
gemeint ist hier das „korrekte“, also den turniererfordernissen entsprechende fussgehen,
bei dem der hund nicht nur eng am knie des menschen laufen,
sondern überdies noch zu ihm hochsehen soll.

beliebte hundeübungen

hier kommt noch eine wirkliche fehlbelastung des hundekörpers dazu.
dicht am menschen laufen und ihn dabei anschauen geht nur,
wenn der hund dabei den kopf hoch nimmt und stark zur seite dreht.

das hat auswirkungen auf den gesamten bewegungsapparat,
der hund läuft dabei ja nicht mehr gerade aus, sondern ist im körper gebogen.
vor allem aber bringt es verspannungen im nacken bereich
und anspannung durch die hohe kopfhaltung.

mal ganz abgesehen davon,
dass die meisten hunde dabei ihre individualdistanz unterschreiten müssen
und dass es extrem anstrengend ist, sein tempo und die schrittlänge so reduzieren zu müssen,
dass man die vorgeschriebene position neben dem menschenknie halten kann.

die genannten übungen sind nicht die einzigen,
deren sinn man schon mal hinterfragen kann.

ganz allgemein schadet es nie, bei jeder übung mal zu fragen:
was erfordert das vom hund eigentlich?
was bringt es im zusammenleben wirklich?
und – meine lieblingsfrage – geht das nicht auch einfacher?

 

 

 

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.