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by brigid

November 24, 2019

online hundeschule

der schrecken ist groß, wenn der hund schnappt – nach einem hosenbein, einer hand, einem radfahrer.
egal was, schnappen oder gar zuzwicken ist immer ein alarmsignal.

der hund macht das ja nicht zum vergnügen oder einfach mal so.
er macht es aus innerer not heraus und weil er der festen überzeugung ist, dass er sich nur so helfen kann.
und dass kein anderer ihm hilft.

es gibt natürlich unterschiedliche formen von schnappen.
einige sind harmloser – wie fehlgeleitetes spielen oder schnappen vor lauter aufregung.
darum geht es heute nicht.
heute geht es um ein schnappen, das eindeutig als abwehr gedacht ist.

(zu allen formen des schnappens und was man dagegen tun kann gibt es ein eigenes webinar „wenn der hund schnappt und zwickt“ mit viel ausführlicheren infos und tipps.  du kannst dich hier dazu anmelden, falls du mehr wissen möchtest.)

online hundeschule
wie kommt es dazu?

schnappen und das daraufolgende zwicken gehören zu den abwehrhandlungen des hundes.
es ist also verteidigung.
zu der greift der hund nur, wenn er sich bedroht fühlt.

und – ganz wichtig – wenn seine vorherigen versuche, die situation friedlich beizulegen, gescheitert sind.

hunde schnappen ja nie einfach so zu, völlig „unerwartet“ und „grundlos“.
dem menschen ist halt nicht immer klar, was grade vorgeht.

man sieht die steigende anspannung im hund nicht,
man reagiert nicht auf seine beschwichtigungssignale,
bis der hund deutlicher wird und sich mit einem schnappen luft verschafft.

dabei gibt es eine reihenfolge:
zuerst kommt das sogenannt abschnappen.
der hund schnappt dabei in die richtung der bedrohung, aber knapp vorbei.
das ist natürlich absicht, so gut kann jeder hund seine bewegungen steuern.
das abschnappen ist eine letzte warnung und heißt so viel wie „gleich mach ich ernst“.

manche hunde versetzen einem vorher einen schnauzenstoß,
das ist ein gezielter stoß mit der schnauze bei geschlossenem maul, mit dem der hund kurz körperkontatk zum gegner herstellt.

reicht das nicht, um die bedrohung zu vertreiben, kommt das abschnappen.
danach folgt das gezielte zuschnappen: dabei wird direkter kontakt mit offenem maul hergestellt, aber noch ohne gezielten einsatz der zähne.

die kommen erst beim zwicken ins spiel: da schnappt der hund zu und setzt auch seine zähne ein.
noch nicht fest, also er beißt noch nicht und es gibt noch keine „löcher“.
blaue flecken kann er beim zwicken aber schon verursachen.

meistens verschafft er sich spätestens damit den nötigen respekt.
die bedrohung weicht zurück, die gefahr scheint gebannt.
der hund hat erreicht was er wollte, ein erfolgserlebnis!

wenn er diese erfahrung ein paar mal gemacht hat
und jedes mal feststellt: ruhe ist erst nach dem zuschnappen.
dann lernt er daraus natürlich und wird sich in zukunft immer weniger mit beschwichtigung und warnen aufhalten.

damit hat man dann ein handfestes problem.
so weit sollte es bloß nicht kommen.

wie reagiert man im moment?

was tut man aber, wenn es schon passiert ist,
wenn der hund schon geschnappt hat?

bloß nicht „zurückschnappen“!
also kein strafen, hin hinschlagen, kein anbrüllen.
nur nichts, was für den hund eine weitere bedrohung darstellt.
das risiko, dass er sich erst recht verteidigen muss, ist zu hoch.

selbst wenn er das nicht tut, ist strafe gefährlich.
der hund lernt womöglich dadurch, beim nächsten mal nicht nur zu schnappen,
sondern gleich zu beißen.
die gefahr ist ja nicht weg, sie wurde sogar größer.
das merkt der hund sich.
genauso, wie er sich merkt, dass schnappen alleine nicht geholfen hat.

natürlich braucht es ziemlich selbstbeherrschung vom menschen, im dem moment noch nerven zu bewahren.
es ist aber das klügste und einzig richtige!

hat der hund nach jemand anderem geschnappt, dann so rasch wie möglich den hund aus der gefahrenzone nehmen.
und das in aller möglichen ruhe.
dann erst entschuldigt man sich beim anderen oder kümmert sich um die konsequenzen.

und bitte nicht dem anderen zuliebe und weil es einem so peinlich ist mit dem hund hart ins gericht gehen.
ganz nach dem motto: der andere soll nur sehen, dass ich so was nicht dulde!
psychologisch ist das nachvollziehbar, sinnvoll ist es trotzdem nicht.

hat der hund nach einem selber geschnappt, dann selber sofort ein paar schritte zurück und den hund in ruhe lassen,
also aufhören damit, eine bedrohung für ihn zu sein.
durchatmen, vielleicht sogar den raum verlassen,
und sich überlegen: was hab ich grad verkehrt gemacht, dass sich der hund so bedroht gefühlt hat?

das müssen übrigens keine großartigen fehler sein, wenn der hund schon eine vorgeschichte hat.
trotzdem liegt es an uns menschen, erst mal zu schauen, womit wir das schnappen ausgelöst haben
und dass in zukunft zu vermeiden.

wie vermeidet man’s für die zukunft?

auch wenn die abwehrreaktion des hundes immer einen grund hat,
so heißt das noch lange nicht, dass das verhalten angemessen ist oder geduldet werden soll.

keiner will einen hund, der es sich zum sport macht, gefährliche radfahrer von ihrem drahtesel zu holen, weil die nun mal nicht ausweichen und er sich fürchtet.
oder der sich essbares vom tisch klaut und dann mit gefletschten zähnen und bissdrohung verteidigt.

statt das symptom zu bekämpfen – also das schnappen und zwicken – muss man an die ursache ran:
die angst des hundes erkennen (die vorm rad oder vorm verlust dessen, was er zwischen den zähnen hat)
und ihm dann die angst nehmen.
mit gezieltem training, schritt für schritt, und immer mit positiver bestärkung.

bis das erreicht ist, gilt als oberste devise: konflikte um jeden preis vermeiden!
also ausweichen bei allen „gefahren“ von außen,
selber friedlich bleiben und den hund nicht (versehentlich) in die enge treiben.
er soll gar keinen grund haben, sich verteidigen zu müssen.
denn jedes schnappen oder zwicken verfestigt das verhalten,
und das wäre das letzte, was wir brauchen können.

 

wenn das schnappen oder zwicken bereits mehrfach aufgetreten ist oder der hund womöglich schon eine verletzung ausgelöst hat (ja, auch ein leichter kratzer ist eine verletzung), dann gehöt das ganze in fachliche  hände. bitte unbedingt rat bei einer/m positiv arbeitenden verhaltenstrainerIn suchen. abwehrverhalten darf man nicht auf die leicht schulter nehmen.

über die autorin 

brigid

brigid weinzinger ist tiertrainerin und verhaltensberaterin für hund, katz, pferd und mensch. sie bloggt auf www.denktier.at über das leben mit tieren und tipps für deren ausbildung.